Vorrede des ersten Herrn Herausgebers der lyrischen Gedichte

[4] 1749.


Der Verfasser dieser kleinen Sammlung Lyrischer Gedichte hat sich bewegen lassen, sie dem Druck zu übergeben, damit er erfahren möge, ob seine Muse sich den Beyfall der Kenner erwerben könne. Derselbe würde ihn sodann ermuntern, daß er sich auch in der höhern Ode versuchte, nachdem er sich bemühet hätte, in Liedern, welche sänftere Empfindungen nachahmen, die Aehnlichkeit der Natur zu treffen, und die Abwege zu vermeiden, von denen er glaubt, daß sie einige Odendichter der Ausländer sowohl, als seiner Landesleute, von der edlen Einfalt, dem ungekünstelten Ausdrucke, ober der schönen Natur der Alten entfernet.

Die zwote Ode: der Frühling, welche nach den eigenen Regeln der lateinischen Prosodie abgefaßt ist, hat sich, seit dem sie anderwärts bekannt gemacht worden, durch[5] ihren Wohlklang dergestalt empfolen, daß es verschiedenen gefallen hat, desselben Sylbenmasses sich zu bedienen; nur ist es nicht, wie hier, mit genauer Beobachtung der reinen Dactilen geschehen, als woran die deutsche Sprache, wegen der häufigen Mitlauter, vielleicht einen allzu grossen Mangel hat. Indeß kann, so viel man weiß, der Verfasser in Absicht auf diesen Versuch mit dem Horaz sagen:


– – ego, non alio dictum prius ore

Vulgavi fidicen.

Quelle:
Johann Peter Uz: Sämtliche poetische Werke, Stuttgart 1890, S. 4-6.
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Sämtliche poetische Werke. Hrsg. von A. Sauer