[Mein Herz war gläubig, das ist nun dahin]

[137] Mein Herz war gläubig, das ist nun dahin,

Und wiederum erfüllt das Weib mich ganz,

Wenn ich auch noch voll tiefer Ehrfurcht bin

Für des verlor'nen Bildes Zauberglanz,


Jedoch, das Weib erfüllt mich wieder ganz.


Ich betete zum Gott der Kinderzeiten,

Doch heute kniee ich vor dir allein;

Ach gläub'ges Mitleid, lichte Hoffnung weihten

Mir die erglüh'nde Seele zart und rein.


Doch heute kniee ich vor dir allein.


Von neuem wird durch dich das Weib zum Herren,

Der mir allmächtig jede Freiheit raubte,

Der tückisch ins Verderben mich zu zerren

Voll Hinterlist mir jeden Wunsch erlaubte ...


O sel'ge Zeiten, da mein Herz noch glaubte!


Quelle:
Verlaine, Paul: Ausgewählte Gedichte. Leipzig 1983, S. 137-138.
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