[Es ist das selige Bangen]

[57] Es ist das selige Bangen,

Es ist das müde Umfangen,

Der Schauer im dämmernden Wald,

Der Winde schmeichelnd Umschlingen,

Wann vom grauen Gezweige das Singen

Der kleinen Stimmen erschallt.


O dies zarte Zirpen und Girren,

Dies junge Gezwitscher und Schwirren,

Klingt hold wie Gräser im Wind,

Als ob über blanken Kieseln

Mit heimlichem Rauschen und Rieseln

Das murmelnde Wasser verrinnt.


Die Seele, die lebt im Zagen

Der leise schlummernden Klagen,

Ist es die unsere? sag!

Die meine ja und die deine,

Die so mit stillem Geweine

Verhaucht im scheidenden Tag.

Quelle:
Verlaine, Paul: Ausgewählte Gedichte. Leipzig 1983, S. 57.
Lizenz: