Scena quarta.

[243] Gesetz, Sündt, Todt, Sathan.


GESETZ.

Lieber, es wirdt nicht haben nodt,

Ich weis, der mensch wert fru und spot[243]

Von jugent auff geneiget sein

Zu allem bösen, wert auch mein

Guten radt stetz vorachten zwar,

Sein natur ist vorterbet gar,

Und wert mich hassen alle zeidt.

Villeicht ich brings mit ihm so weidt,

Das er mir ungehorsam werdt,

So treib ich ihn zu aller ferdt

Und fordere al tag und stundt

Mich zu halten, er werdt entzundt

Gegen mir mit has und zorn,

So nehm ich ihn inn meine sporn

Und reithe dann dasselbig kindt

Hin zu dir, der sünden, geschwindt.

SÜNDT.

Gesel, das ist die rechte art,

Brenge nur ihn auff diese fart,

So wert er dich alzeit brechen,

So wil ich mich an ihm rechen,

Und so er dich gleich thet halten

Unwillig mit zorns gestalten,

So ist er doch desselben gleich

Ein sünder schwer inn meinem reich,

Gleich ab er mich het ubergangen

Und ist also mein gefangen,

Und lig ihm stetz auff seim rücken,

Sein gewissen thu ich drücken,

Des thut ihn gnagen und beißen

Darzu inn vorzweiflung reißen,

Und kumpt also auch an mein seil,

Wert dir, dem todt, ewig zu teil.

TODT.

Ja, gesel, so wert sichs machen,

Ich bin gudt zu solchen sachen,[244]

Als dann kan ich die menschen baldt

Mit furch erschrecken mannichfalt

Des todes hye, das er zur stundt

Gott feynt wert aus seins hertzen grundt,

Und helt ihn vor ein solchen man,

Der yhm des lebens nicht entgan,

Nichts guts sich zu ihm thut vorsehn,

So ists mit yhm dann gantz geschen,

Kompt zu dir, Sathan, inn die hel.

SATHAN.

Ha, ha das ist recht, mein gesel,

Ich weis auch noch ein stück darzu.

Ich wil ihm lassen keine rhu,

Dann solchs hat mich Gott geheißen,

Sprach: werst ihn int ferssen beißen.

So weis ich auch so manche list

Der anfechtung zu aller frist,

Er sol vor mir kein ruge han,

Bis ich ihn breng auff meine Ban

Wil mich an ihm von jugent auff

Setzen, das er mir nicht entlauff.

Sich, da komen zwen junge knaben,

Ich wil schnel hin zu ihn traben.

Quelle:
Dramen von Ackermann und Voith. Tübingen 1884, S. 243-245.
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