Die achtunddreißigste Fabel.

Vom Boten und einer Taschen.

[33] Als ein bot im het fürgenon,

Ein großen langen weg zu gon,

Er globt und sprach: »Wenn ich was fund

Auf disem weg, wil ichs von stund

Behalten halb, das ander gar

Opfern aufs Jupiters altar.«

Zuhand fand er ein große taschen;

Er tet in allen fachen naschen:

Da fand er eitel mandelnüß

Und frische tatteln, waren süß.[33]

Von wandeln fraß er all die kern

Und schütt die schaln in seinen gern;

Die tatteln außen umb benagt,

Derselben kern im kein behagt:

Sie warn zu eßen allzu hart,

Drumb ers dem Jupiter verwart

Und all an einen haufen hegt,

Auf sein altar zum opfer legt;

Sprach: »Gleich wie du mirs hast beschert,

Hab ich dich mit der helft geert.

Auf daß dir nicht davon zerrinne,

Gib dirs halb außen und halb innen.«

Ein verzweifelt mensch, ein böser,

Ein geiziger und gottloser,

Der tut sich keiner sünde schemen,

Solts wol vom heilgen kreuz weg nemen.

Quelle:
Burkard Waldis: Esopus. Erster und zweiter Theil, Band 2, Leipzig 1882, S. 33-34.
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