Von Bernhard Schafelitzki von Muckendell, Rittern und Colonel

[110] Sing fort mein mund und schweig nicht still,

damit ich mein gelübd erfüll

und sing des jungen helden namen,

der durch manch kühne ritters that

der faust schon oft bezeuget hat,

daß er von der halbgötter samen.


Sein angenehmes angesicht

kan mit lieb zeugendem bericht

der menschen angesicht vernügen,

und wer ansicht des leibs gestalt,

der spricht, er hab vil mehr gewalt

zu lieben wol, dan wol zu kriegen.
[110]

Doch wohnet Amor nur allein

in seiner augen klarem schein

und kan ihm nicht das herz betrüben;

dan Mars selbs ist in seiner brust,

der macht, daß er vil größern lust

zu kriegen, dan sich zu verlieben.


Eh von dem ersten zarten haar

sein junges kin bedecket war,

sein leib mit eisen war bedecket;

und seiner jungen faust probstreich

hat schon vil körper wund und bleich

für seinen füßen ausgestrecket.


Alsbald es frid in Niderland,

ist er, zu üben seine hand,

Ligurien gleich zugeloffen;

da dan auf dem unsteten meer

vil aus des wachsenden mons heer

durch ihn erschlagen und ersoffen.


Hernach hat er auch seine macht

in Istria in mancher schlacht

mit solcher dapferkeit erwisen,

daß ab ihm die geschlagne feind,

wie seine wol beschützte freind,

sich selbs verwundrend ihn geprisen.


Und wan ihn schon das sinwel glück

mit einem freindlichen anblick

nicht allzeit pfleget zu begrüßen,

hat er doch einen solchen mut,

daß er auch wol sein heldenblut,

den sig zu kaufen, ein darf büßen.


Wie Hannibal hat er die reis

für sein volk mit vil list und schweiß

kühn über das gebürg erfunden.

er förchtet sich für keinem tod,[111]

er weiß für sich von keiner not,

er ist auch sigreich überwunden.


Darum mag wol der weise rat

der einig-doppelt-schönen stat

ihn, wie er thut, wol liebend ehren:

dan warlich sein verstand und schwert

seind alles ruhms und glücks so wert,

daß niemand sie kan gnug vermehren.

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 110-112.
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