Wendla

[406] Sieh die taufrische Maid,

Erst eben erblüht;

Durch ihr knappkurzes Kleid

Der Morgenwind zieht.


Wie schreitet sie rüstig,

Jubiliert und frohlockt,

Und ahnt nicht, wer listig

Unterm Taxusbusch hockt.


Der allerfrechste Weidmann

Im ganzen Revier,

Er tut ihr ein Leid an

In frevler Jagdbegier.


In einem langen Kleide

Geht sie nun bald einher,

Sinnt vergangener Zeiten

Und jubelt nicht mehr.[406]


Quelle:
Frank Wedekind: Werke in drei Bänden. Band 2, Berlin und Weimar 1969, S. 406-407.
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Die vier Jahreszeiten
Die vier Jahreszeiten: Gedichte (insel taschenbuch)