Sechster Auftritt

[161] Der König. Röschen.


DER KÖNIG beyseite vorne am Theater. Es scheint, als traute sie mir nicht: – – für ein Bauermädchen ist sie artig genug – – die Natur giebt doch die schönste Schminke in der Welt! – unsre Damen sehen alle gegen sie krank aus. –[161]

RÖSCHEN. Nu, was steht Er denn dort im Winkel und murmelt für sich? – Will Er sich nicht setzen? wart' Er, ich will Ihm einen Stuhl holen.

DER KÖNIG faßt sie bey der Hand. Nein, liebes Röschen: gieb Dir keine Mühe!

RÖSCHEN. Eine rechte Mühe, einen Stuhl zu holen! – – Wir sind hier keine Stadtjungfern – Pfuy! laß' Er mir doch die Hand los!

DER KÖNIG hält sie immer noch. Warum? ich will aber die Hand behalten.

RÖSCHEN entreißt sie mit Gewalt. O! ich brauche meine Hand selber! Die Komplimente stehen mir gar nicht an, zumal von Stadtherrn. Ich weiß lange, daß ihnen nicht viel zu trauen ist: versteht Er mich?[162]

DER KÖNIG. O bey mir, kleine Lose, hast Du nichts zu fürchten.

RÖSCHEN. Ja, wers auch glaubte. – Seh' Er nur, wie Er mich ansieht, mit ein paar Augen, daß sich eins fürchten möchte. Ihn sollten auch die Mädchen wohl trauen? – Hört Ers nicht? Er soll mich nicht so ansehen.

DER KÖNIG lachend. Nur nicht so wilde, Kinde! sage mir doch, dürfen Dich die Bauren in Deinem Dorfe auch nicht ansehen?

RÖSCHEN. Ja, die Bauren: die mögen mich ansehen, wie sie wollen. Wenn ich nicht Lust habe, mich von ihnen begaffen zu lassen, so kehre ich mich um, aber bey Ihm schickt sichs ja nicht, daß ich Ihm den Rücken zukehre.[163]

DER KÖNIG. Ey freylich wohl seh' ich Dir lieber ins Gesichte. – Aber sage mir Röschen, es sind wohl viele, die Dich gern ansehen mögen?

RÖSCHEN. Das versteht sich; aber ich denke, seht so lange ihr wollt, es wird doch nichts seyn!

DER KÖNIG. Sollte aber nicht einer unter ihnen seyn, den Du auch gern sähest, oder von dem Du Dich gern ansehen ließest.

RÖSCHEN lacht mit einer bäurischen Schamhaftigkeit. He he he he; ie nun ja, wenn er nur mit dem Sehen zufrieden wäre: aber –

DER KÖNIG. Aber er will damit nicht zufrieden seyn?

RÖSCHEN lachend. He he he he; wie ihr Mannsvolk seyd! Niemals habt ihr genug.[164]

DER KÖNIG. Indessen, bist Du ihm doch gut? – – nicht wahr? gesteh mirs!

RÖSCHEN. Wer wollte auch Töffeln nicht gut seyn. Wir hätten einander lange genommen, wenn mein Vater nicht solche Sprünge machte. Er ist ihm nicht reich genug.

DER KÖNIG. O, Dein Vater muß Dir Töffeln geben! Er muß, denn ich will: durchaus will ichs haben!

RÖSCHEN. Ich will, durchaus will ich: ie ja doch, wie der Herr redt! »ich will!« als obs auf Ihn ankäme, daß mein Vater will, was Er will! So kann wohl der König sagen.[165]

DER KÖNIG lachend. Sieh nur, Röschen, wenn ich sage: ich will, so heißt das nichts anders, als ich wünsche es. Bey Seite, indem er sich entfernt. Beynahe hätte ich den König im Ernste gespielt!

RÖSCHEN. Ja, nun wünscht Ers! – daß Er doch was hat, sich über mich lustig zu machen!

DER KÖNIG indem er sie liebkost. Nein, nein, mein gutes Kind! Du sollst sehen, ob ich mich über Dich lustig mache. Ich werde mit Micheln auf so eine Art reden, daß er schon wollen wird. Und siehst Du, ich verspreche Dirs im Voraus: ehe ich fortgehe, sollst Du Töffeln haben.

RÖSCHEN. Gewiß? ja, wenn Er mir das hielte! ich glaube, ich wäre Ihm selber gut! Aber den[166] vornehmen Leuten mag so gar viel nicht zu trauen seyn. – Ha! mein Vater! –


Quelle:
Johann Adam Hiller: Die Jagd. Leipzig 1770, S. 161-167.
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