Fünfter Auftritt

[60] Der Hauptmann, Gruskel trägt eine Fackel, Wache.


HAUPTMANN. Herzog, folget mir!

JOHANN erstaunt, doch gefaßt. Wohin?

CATHARINA bebend. Zum Tode? Sprich, Unmensch! führst du ihn zum Tode?

HAUPTMANN. Dürfte ich meinem Herzen folgen, so führte ich ihn hinaus in's freye Leben. Doch der Soldat[60] folgt seiner Pflicht. Ich führe euch dahin, wo strenge Richter eurer harren.

JOHANN. Ha – Zu Catharina. jetzt verstehe ich dich. Zum Hauptmann, gefaßt. Ich folge euch.

CATHARINA. Halt! um Gottes willen halt! sie führen dich zum Tode!

SIEGMUND ängstlich. Vater! lieber Vater –

JOHANN. Fasse dich.

CATHARINA. Nein, nein, sie tödten dich. O, sieh es doch an dieser Angst, die mir den Athem nimmt – verlass' mich nicht, du siehst mich niemahls wieder. Kniet vor ihm. Verlaß mich nicht! Zu den Soldaten. nehmt mich mit! Will aufstehen, sinkt zurück. schleppt mich ihm nach, laßt mich nicht hier, vielleicht kann ich ihn retten.

JOHANN. Geliebte! fasse dich – du siehst mich wieder.

CATHARINA schwach. Nein – nein, sie tödten dich! Will aufstehen, kann nicht. Ich kann nicht, o seyd barmherzig, schleppt mich fort, laßt mich nicht hier.

JOHANN führt Siegmund zu ihr. Lebe für diesen, erhalte dich für unser Kind.

CATHARINA. Für dich – für euch! Umschlingt das Kind. Johann – wo bist du, mein Auge wird dunkel, mich verläßt die Kraft – ich sterbe. Sinkt ohnmächtig nieder.

HAUPTMANN zu Gruskel. Schafft Hülfe!

GRUSKEL ab.

JOHANN. Catharina! Kniet bey ihr. bist du mir vorangegangen? bist du schon in jener bessern Welt? Catharina! Richtet sie auf. kann dich die Stimme deines Gatten nicht erwecken? Mit Entsetzen. Sie ist todt – [61] Dumpf. todt – kalter Schweiß deckt ihre Stirne – still stehen die Pulse – kein Athemzug verräth mir Leben – Mit Thränen. Sie hat geendet – ihr ist wohl – des Lebens Dornenpfad hast du vollendet – ruhe sanft in deiner stillen Gruft. Legt sie sanft nieder. Siegmund, bewache deiner Mutter Leiche. Küßt ihn und hebt ihn gegen Himmel. Vater im Himmel! erbarme dich der armen Waise. Zum Hauptmann. Nun kommt!

HAUPTMANN. Herzog! nehmt das Kind mit euch.

JOHANN. Unbarmherzige! wollt ihr der Mutter alles rauben?

HAUPTMANN. Sie lebt – sie athmet wieder!

JOHANN. Sie – lebt? Starrt hin. sie athmet? Mit dem Ausbruch der Freude. Ja, sie lebt – nun kommt! kommt, eh' sie erwacht – Gott steh' ihr bey! Er geht schnell gegen die Thüre; auf der Treppe bleibt er stehen, blickt hinab, sieht gegen Himmel, dann auf Weib und Kind, und eilt ab.

CATHARINA erhohlt sich, blickt bewußtlos um sich her, steht auf, geht einige schritte, plötzlich scheint die Erinnerung an das Vergangene zurück zu kehren, sie sinkt bey dem Kinde auf die Knie, und bethet ängstlich, dann drückt sie das Kind an sich. – Auf einmahl scheint sich Hoffnung ihrer Seele zu bemeistern – Sie scheint über Etwas nachzudenken – Wie sie den Entschluß gefaßt hat, reißt sie das Kind auf den Arm, blickt gegen Himmel, und eilt fort.


Ende des dritten Aufzugs.
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Quelle:
Johanna Franul von Weißenthurn: Neue Schauspiele. Band 1, Wien 1817, S. 60-63.
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