Siebenter Auftritt

[169] Die Vorigen, Baroninn, Rath Blümlein.


BARONINN. Verzeihen Sie, daß ich Sie mit den Kindern so lange allein ließ; sie wissen sich freylich noch nicht recht zu benehmen, aber das wird sich finden.

WALDBERG. Ich habe in den Fräuleins Gesinnungen wahrgenommen, die mir Hochachtung einflößen; ob ich mir Liebe erwerben kann, muß die Zeit entscheiden.[169]

BARONINN. Nur nicht zu lange besonnen.

BLÜMLEIN. Recht, gnädige Frau! Heirathen muß man, wie man bittre Tropfen nimmt, besinnt man sich eine Weile, läßt man Medicin und Frau stehen.

WALDBERG. Sind Sie verheirathet?

BLÜMLEIN. War, war verheirathet, habe wie jeder andere meine Portion Wermuth verschluckt. Der liebe Gott sah, wie ich daran würgte, nahm die Engelsseele zu sich, und seit dem ich meine Freuden unter der Erde habe, ist es mit, als sey die Luft reiner, als schiene die Sonne heller. Kurz – ich bin ein anderer Mensch. Freylich wirst man mir oft durchdringende Blicke zu, da kommen denn die Stunden des Kampfes, aber ich denke dann an meine liebe Todte, und stehe gepanzert gegen Schuß und Stich.

BARONINN. Sie haben Recht, man muß verschmähen, – was man nicht haben kann.

BLÜMLEIN. Nicht haben? so ein Mensch wie ich? mit diesen Augen, dieser Stirne, dieser Nase, mit diesem ganzen Kopf? Wenn dann noch an jedem Finger Brillanten und Rauten flimmern, das ist eine herrliche Carmoisirung für einen Solitär, wie ich bin.

BARONINN. Meine Herren, Sie verlassen mich nun den ganzen Tag nicht mehr. Jetzt machen wir eine kleine Spatzierfahrt – man zeigt sich dem Volke – dann habe ich Ihnen auf den Abend eine Gesellschaft geladen, die ihres Gleichen nicht haben soll. Kurz alles, was hier bemerkenswerth ist, lernen Sie heute bey mir kennen. Babett – Babette kömmt. Bring den Fräuleins ihre Shawls. Doch nein, sie können selbst darnach gehen. Leise zu den[170] Mädchen. Setzt Federhüte auf, der Wind geht stark, das macht sich gut.

NINA. Aber Mama –

BARONINN. Schweigt – ich will es so. Laut. Geht meine Kinder, thut, was ich euch sage, es ist gewiß zu eurem Besten.

NINA UND EMY küssen der Mutter die Hand, und gehen fort.

BLÜMLEIN zu Waldberg. Das ist wahr, die Baroninn gibt ihren Kindern eine herrliche Erziehung.

GRÜNAU zu Waldberg. Ich mag die Frau betrachten, wie ich will, die hat ihre Jungen nicht zwitschern gelehrt.

WALDBERG. Darf ich fragen, wem Sie die Erziehung Ihrer Kinder anvertraut?

BARONINN. Einer sehr langweiligen Person, die mir in einer Stunde wieder verdirbt, was ich in acht Tagen gut mache. Die ich im Hause habe, weil – ich eine gute Närrinn bin.

BLÜMLEIN zu den Herren. O das ist ein Herz, meine Herren, das ist ein Herz! – was die Frau Gutes thut – ich weiß davon zu erzählen.

WALDBERG. Und der Nahme jener Person?

BARONINN. Madame Vernon – eine Unglückliche. Sie sollen die Geschichte ein anderes Mahl hören.

BABETTE ist um den Shawl der Baroninn gegangen, kommt damit zurück.

BARONINN zu Babett. Wie seh ich aus, bin ich noch roth genug?

BABETTE. Wie eine Rose.[171]

BARONINN. Ich habe mich über die Mädchen geärgert, ist das Gesicht dadurch verzerrt?

BABETTE. Ein leichtes Lächeln glättet jede Falte.

BARONINN lächelt. Ist es so gut?

BABETTE. Vortrefflich!

GRÜNAU zu Waldberg. Aus diesen Kindern und dieser Mutter kann ich nicht klug werden. Es ist mir, als sähe ich auf einer stachlichen Tanne Paradeisäpfel wachsen.

WALDBERG. Geduld –


Quelle:
Johanna Franul von Weißenthurn: Neue Schauspiele. Band 2, Wien 1817, S. 169-172.
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