1. Die Junggesellen-Noth

[127] 1.

Der Ehstand plagt mich offt,

Daß ich mich unverhofft

Ins Wesen nein verliebe,

Denn hab ich lange Zeit,

So denck ich allbereit,

Ach hätt ich eine Frau, die mir die Zeit vertriebe.


2.

Früh morgens steh ich auff,

Und wann ich meinen Lauff

Bald hie, bald da betrachte,

So rumpelt mir der Bauch,[127]

Derhalben denck ich auch,

Ach hätt ich eine Frau, die mir ein Süppgen machte.


3.

Und wann ich meinen Bart,

Recht nach der neuen Art,

Gern in die Falten schraubte,

So kommen Federn drein,

Da muß ich traurig seyn,

Ach hätt ich eine Frau, die mir im Barte klaubte.


4.

Bißweilen bin ich kranck,

Da lieg ich auff der Banck,

Und bete meine Sprüche,

Doch in dergleichen Qual,

Da denck ich hundertmahl,

Ach hätt ich eine Frau, die mir im Rücken strieche.


5.

Im Bette kombt ein Floch,

Der hüpfft mir gar zu hoch,

Und macht so krumme Sprünge,

Daß ich mit Uberdruß

Von Hertzen wünschen muß,

Ach hätt ich eine Frau, die mir die Thiergen fienge.


6.

Im Winter wär es zwar

Kein Wunder, wann ich gar

Mich da zu Todte härmte,

Doch seh ich diß noch an,

Dieweil ich wünschen kan,

Ach hätt ich eine Frau, die mir das Bette wärmte.


7.

Wann ich in meinem Sinn

Rechtschaffen böse bin,

Und meine Lust nicht büsse,

So denck ich vielerley,

Doch dieses auch dabey,

Ach hätt ich eine Frau, die sich erschlagen liesse.


8.

In Summa, was ich thu,

Da kan ich nicht darzu,

Als wie der Hund im Schilffe,

Es ist mir alles Leid,

Drum wünsch ich allezeit,

Ach hätt ich eine Frau, die mir auß Nöthen hülffe.

Quelle:
Christian Weise: Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken, Halle a.d.S. 1914, S. 127-128.
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