[30] 1.
Ich armer Haus-Knecht habe nun
Mein Aembtgen angenommen,
Nun muß ich helffen würthlich thun
Wenn frembde Gäste kommen,
Sonst werd ich wieder weggejagt
Von meiner lieben jungen Magd.
2.
Ich geh und lasse mich durch auß
Die Mühe nicht beschweren,
Vnd solt ich funffzehenmahl das Haus
In einem Tage kehren:
Denn wenn mich ja die Arbeit plagt,
So denck ich an die junge Magd.
3.
Die Köchin mag so offt sie will
Mich etwas anders heissen,
Die Frau die mag den Besen-Stiel
Mir umb die Ohren schmeissen;
Ich bleibe dennoch unverzagt
Bey meiner lieben jungen Magd.[30]
4.
Wenn sie mir an der Seiten steht
So hab ich schon gewonnen,
Vnd alle Traurigkeit vergeht
Wie Butter an der Sonnen,
Ich bin ihr Knecht der ihr behagt,
Sie meine liebe junge Magd.
5.
Wir stecken fast den gantzen Tag
Beysammen in der Küchen,
Vnd wann ich Possen treiben mag,
So ist sie auch vergliechen,
Doch ist kein Mensch der mich verklagt
Mit meiner lieben jungen Magd.
6.
Ich geh in Keller hole Bier,
Vnd wenn ich nunter schreite,
So kommt die Magd und giebet mir
Fein sauber das Geleite,
Doch niemand in dem Hause fragt,
Was machstu mit der jungen Magd?
7.
Der Boden und der Ober-Saal
Die stehn uns allzeit offen,
Da haben sie uns hundertmahl
Beysammen angetroffen,
Doch hat der Herr noch nie gesagt,
Geh pack dich von der jungen Magd.
8.
Ich wolt auch wohl kein Hauß-Knecht seyn,
Wann ich nit eben wüste
Daß ich das liebe Mägdelein
Sonst gar entrathen müste,
So bleib ich gleichwol ungeplagt
Bey meiner lieben jungen Magd.
9.
Die schönen Jungfern mögen nun
Auß meinem Hertzen weichen,
Dann wann ich ja wil freundlich thun
Geh ich zu meines gleichen.
Ich armer Haus-Knecht habs gewagt,
Und löffle mit der jungen Magd.
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