XLIX.

[171] Derohalben mag schreiben wer da wil / auch so gut und so schlimm als er wil; nur das bitte ich / man gebe mich nicht als einen Auctor aus. Ist es gut / so wil ich einen andern seines Ruhmes nicht berauben: ist es schlim / so mag man mir verzeihen / daß ich gleichfals den Haß und die höhnische Censur mit jhm nicht theilen wil. Ich weiß wol / daß ich einmahl eines Buches[171] beschuldiget ward / also daß ein nicht allzugeringer Mann gefragt hatte / ob ich schon so weit bey Jahren wäre / und ob ich Alters halben schon Kindisch würde / daß ich auf die letzt mit dergleichen Albertaten auffgezogen käme: Aber ich hoffe es wird mir an Freunden nicht mangeln / welche sich mit einer gewierigen Entschuldigung werden einstellen. Zum wenigsten kan ich allen Fantasten weder das Schreiben / noch alle ungleiche Gedancken verbieten: und also muß ich in meiner Freymüthigkeit / und bey meinem guten Gewissen den Trost dargegen halten / das sie gleichfals über mich / und über meine Vergnügung nichts zu gebieten haben. Publica Fama ist ein wunderliches Ding / und man möchte wol lachen / daß manche Gelehrten so übermäßig darnach streben können. den dieser Ruhm bestehet in der Opinion. Sind viel Leute die sich etwas grosses bey jemand einbilden / so muß sein Nahme unsterblich heissen. Wie den auch eben darumb die jenigeu am[172] ersten einigen Applausum verdienen / welche mit guten Naturalibus, das ist mit einer guten Memorie / einer geläufftigen Zunge / einer geschwinden Feder / und so fortan begabet sind. Ich möchte fast sagen / im gemeinen Hauffen wären die wenigsten zu einem rechtschaffenen Urthel geschickt / und dannenhero gieng es nicht anders als in den alten Schauspielen / da auch der Aplausus mit gutem Rechte hieß / Consensus & Opinio hominum recto judicio carentium. Also gebrauchen wir der allgemeinen Einfalt / und wer so glückselig ist / daß er eine Compagnie Blinden antrifft / der kan sich mit seinen schielenden und blöden Gesichte dennoch vor einen König auffwerffen. Wol dem der in allen Verrichtungen mehr auff sein gutes Gewissen / als auff fremde Lobeserhebungen gegründet ist.

Quelle:
Christian Weise: Kurtzer Bericht vom politischen Näscher, Leipzig 1680, S. 171-173.
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