Sechs und achtzigstes Exempel.

Kaysers Carl des grossen, merckwürdige Ermahnung, die er kurtz vor seinem Tod an seinen Sohn Ludwig gethan, da er ihm, als seinem Nachfolger in der Regierung die Kayserliche Cron auf das Haupt setzte.

[386] Mein lieber Sohn, heut ist der Tag, an welchem ich dem Kayserthum absterbe, und der Himmel mich in deiner Person gleichsam wiederum laßt gebohren werden. Wann du glücklich zu regieren verlangest, so förchte GOtt, welcher der Ursprung der Kayserthümer, und ein vollmächtiger [386] HErr aller Herrlichkeiten ist. Halte seine Gebott, und befleisse dich, selbige mit unverbrüchlicher Treu zu halten. Nimme dich sorgfältig um die Beschützung der Kirchen an; liebe deine Brüder und Schwestern, und erweise dich gegen deine Bluts-Verwandten gut und dienstwillig; lasse dir deine Unterthanen zärtiglich befohlen seyn, als wie ein Vatter seine Kinder, und seye allzeit ein Tröster und Schirmer der Armen. Straffe die Missethäter: hingegen belohne diejenige die sich wohl verhalten. Verordne keine Statthalter, Richter und Beamte, als solche Leut, die geschickt, und ohne Tadel seynd; und im Fall du taugliche, und tugendliche Personen zu solchen Aemtern bestellt hast, so setze selbige nicht ab, du habest dann die allerbillichste Ursach darzu, Befleisse dich, der erste zu seyn, von welchem alle ein gutes Exempel nehmen, und führe vor GOtt und denen Menschen einen unsträflichen Wandel. Causinus Tom. 2.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 386-387.
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