Das siebende Capitel.

Mit vollkommener Reu und Leyd ohne Beicht, doch mit Verlangen zu beichten, seynd viel seelig worden.

[835] Zwey Exempel seynd allhier beyzubringen. Das erste ist, welches sich im Jahr Christi 1280. im H. Krieg zugetragen. St. Ludwig König in Franckreich, demnach er in Africa die gewaltig berühmte Stadt [835] Carthago eingenommen, Tunet belägeret, in scheinbarer Hofnung den Creutz-Fahnen des Christlichen Glaubens weit auszubreiten, wird von der einreissenden Pest-Sucht ergriffen: stirbt mit viel tausend seiner Französischen Mannschaft, welche mit ausgerüstem Eyfer das geliebte Vatterland verlassend, ihres Königs guten Meynungen nachgefolget. Eben auch Kayser Conrad samt hundert zwantzig tausend gewafnetē Männern, in diesem Krieg zu Eroberung des H. Lands begriffen, leydet unaussprechlichen Schaden, verliehrt sein gantze Mannschaft bis auf zwölf tausend, aus Ursach, dieweilen die Griechen das Meel für das Brod mit Kalch, und Gips untermenget, daß alle, welche darvon genossen, sterben müssen. Wiewohlen St. Bernard aus Verordnung Pabsts Lucii des anderten, Bullam cruciatæ verkündiget, mit Wort und Wercken diesen heiligen Krieg einzugeben geprediget, mit so gewaltigem Nachdruck, daß die Elteren ihre Kinder, und die Frauen ihre Männer von diesem nicht abhalten konten. Einsmahls gleich nach also gethaner Predig wurden gantz wunderbarlich die Blinde sehend, die Lahme gehend, die Gichtbrüchige in die zwantzig Personen geheylet, zur Bekräftigung, daß GOttes Willen diesen Krieg einzugehen, und sichere Hofnung zu fassen seye, vielfältigen Sieg zu erhalten: und dannoch ist meister Theil elendiglich geblieben. Viel aus diesen in Fühlung der Kranckheiten haben Sacramentalisch gebeicht, indem Priester genug zugegen gewesen, viel aber sturben übereylet, indem das Gift der Pest, oder aber das Grimmen des Magens gäh überhand genommen: nichts destoweniger seynd meistentheils seelig gestorben. Ein solcher Eyfer der Lieb GOttes, und seiner Ehr, wie dann auch ein solche Bereuung der Sünden, war unter diesem Christlichen Volck, daß niemahlen zuvor dergleichen zu sehen, und zu hören gewesen: viel Anzeigen hat man befunden dero Seeligkeit.

Dieser Heil. Krieg hat viel Klagen in Teutschland, und Franckreich verursachet; viel Mütter seynd ihrer Kinder, viel Frauen ihrer Männer beraubet worden. Aber alles dieses hätte allen ein unaussprechliche Freud seyn sollen: dann die Heilige Johannes und Paulus Apostlen seynd zum öftern erschienen den geistlichen Brüdern zu Cassumario, welche Jünger waren des Heil. Bernard, und haben ihnen ein grosse Freud verkündiget, daß mehrern Theils alle, welche in diesem Heil. Krieg gestorben, seelig worden; die eben im Frieden in ihrem Vatterland in ihren Sünden verdorben wären. Goffridus in vita S. Bernardi. Das andere Exempel ist: das in Pædagogo Christiano zu lesen tom. 2. p. 1. c. 14. wie im Jahr Christi 1489. zu Brüßel in Niderland ein zehrende Pest eingerissen, welche drey und dreyßig tausend Menschen aufgeriben, deren alle, ausser zweyen seelig gestorben. Einer verweiflet, der andere wolte durchaus nicht beichten.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 835-836.
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