Das vierte Capitel.

Der Vorsatz sich zu bessern wicklet sich aus allen Ungerechtigkeiten.

[845] Isabella Königin in Hispania.


Zum drittenmahl erscheinet in diesen Freuden-Geschichten von der Beicht, diese Königin Isabella: ein rechtmässige Erbin der spanischen Königreich. Im ersten Theil, da sie einsmahls dem Cardinal Ximenes Ertz-Bischöffen zu Toledo gebeicht, hat sie gelernet, wasmassen sie ihr Gewissen zu erforschen schuldig, welches sie in diesem dritten Theil so hell erzeiget, als ein angezündtes Liecht auf einem goldenen Leuchter, welches einen königlichen Saal erleuchtet.

Im andern Theil hat sie ihren Königreichen, ja der gantzen Welt erwiesen, daß in ihr jenes alte Sprüchwort kein Ort gefunden, welches spricht: Vindictâ nemo magis gaudet, quàm fœmina: Wann jemand sich in der Rach erfreuet, erfreuet sich das weibliche Geschlecht. Welcher ihren Ehe-Gemahl meuchelmörderisch verwundt hat, dessen Tod verlangt sie nicht, sondern sein Bekehrung, und Buß.

Nun aber wird ihr Vorsatz alle Gerechtigkeit zu erfüllen in einem Brief, welchen sie eigenhändig ihrem ordinari Beichtvatter geschrieben, gleichwie die Sonn mit ihren goldenen Strahlen die gantze Welt, forderst grosse Herren, und Frauen, damit sie, da es noch Tag ist, auf dem Weeg der Gerechtigkeit wandlen mögen, erleuchten.

Ihr Beichtvatter war Ferdinand von Valavera Bischof zu Granata, diesem schreibt sie mit nachfolgenden Worten.


Hoch-Ehrwürdiger Geistlicher Vatter.


Wiewohlen mein Herr der König nächst beym Tod gewesen, hab ich doch den Tod mehrmahlen, und viel bitterer verkostet, als wann ich etwann aus anderen Ursachen wäre gestorben. Bevor ich aber einigen Vorgeschmack so bitterer Hinscheidung wiederum einnehme (so bitte ich GOtt, er wolle dergleichen Unheil gnädigst abwenden) viel anderst wünsche ich bereitfertig gefunden zu werden zur Abreis von der Welt, als ich neulich gewesen bin. Gantz inständig begehre ich Richtigkeit zu machen in allen [845] meinen Schulden: euer Hoch-Ehrwürdigen befihle ich alles: seynd sie an dem, daß sie meinetwegen noch etwas aus arbeiten wollen, wasmassen sie in viel anderen hochwichtigen Geschäften es mit bestermassen gethan: so bitte ich durch die Lieb unseres HErrn, sie wollen etliche Tag anwenden, mir meine Schulden, und Schuldigkeiten zu beweisen. Allweeg, was ich schuldig bin, will ich bezahlen, in aufgenommenen Geldern, in Besoldung meiner Hof-Bedienten: so, und wie in verwichenem Kriegs-Lauf der zugefügte Schaden zu ersetzen: die alten Königlichen Cammer-Schulden, wie auch das Müntz-Haus zu Abula betreffend, ja alles, was Euer Hochwürden befinden werden, das verzeichnen sie mir nach ihrem guten Beduncken, was ich abstatten, richtig machen, zustellen, und bezahlen solle. Euer Hoch-Ehrwürden schicken mir in allen dem, was mein Gewissen beschweren kan, ausführliche Verzeichnung, und benennen alles, was mein Schuldigkeit erforderet. Viel lieber wird mir dieses seyn, als alles, was ich auf der Welt kan verlangen. Aus solcher Wissenschaft werd ich mich sehr befleissen, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Euer Hoch-Ehrwürden richten dieses nur bald, wann sie wollen, daß ich noch länger im Elend dieses Lebens verbleibe. GOtt verleyhe alles zu seiner grösseren Glori.

Barcinona den 30. Decemb.

Isabella.


Kraft dieses Briefs wolte die Königin von ihrem Seelsorger vernehmen.

1. In Aufnehmung der Gelder, ob kein Wucherey unterloffen, was sie schuldig zu bezahlen?

2. Ob der Lidlohn der Hof-Bedienten rechtmäßig? ob die Wohlverdiente mit Versorgung zu unterhalten? oder auch mit reichen Gaaben zu begnaden, und abzufertigen?

3. Demnach im Kriegs-Lauf Land und Leut Schaden gelitten, was massen dieser Schaden zu ersetzen, und gut zu machen?

4. Ob die alten Cammer-Schulden völlig mit dem Zinnß zu bezahlen?

5. Ob im Müntz-Haus zu Abula einige Untermischung, und Zusatz eines unwerthen Metalls die Müntz unwerth gemacht, daraus mercklicher Schaden unter dem Volck entstanden eben auch diese Ungerechtigkeit, wie es möglich, daß ersetzet, und abgestattet werde.

Der Vorsatz von Ungerechtigkeiten abzustehen, ersucht dergleichen geheimen Rath nicht von andern, als von gewissenhaften Seel-Sorgern und Beicht-Vättern. Discite justitiam moniti. Wie gut ist es, sich aus Ungerechtigkeiten auswinden, und demnach in der Gerechtigkeit wandlen.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 845-846.
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