Das dritte Capitel.

Wem man beichten solle.

[857] Was geordnet ist, das ist recht, doch ist ein Zweifel, wem man aus vielen beichten soll? den besten Schneider erwählest für dein Braut-Kleid, den besten Rechts-Gelehrten deine Güter, den besten Leib-Artzt deine Gesundheit zu behaupten. Ach! erwähle nicht unrecht dein Seel, und Seligkeit, das ewige Leben, den werthesten Lohn, welcher GOtt ist, zu behaupten. Merck, was zu lesen in dem Leben St. Basilii.

Ein weibliche Person, nach begangener Sünd schamroth, wolte gern, aber wußte nicht, wem sie solte beichten, ja jene Sünd mündlich aussprechen, war ihr gleichsam unmöglich, dero niemand als sie bewußt war. Sie schreibt ihr Sünd auf ein Papier, gehet hin, und übergiebt solche dem heligen Basilio zu übersehen: der heilige Basilius eröfnet das Papier, findt es weiß, bis unten, allwo ein Sünd verzeichnet war: schliesset das Papier, giebt es ihr wiederum zu Handen, und schicket sie zu Ephrem, welchen er heiliger, und einen mehr erfahrnen Beichtvatter schätzet, als sich selbsten. Ephrem befand auf dem Papier nichts, als eben auch jene aufgeschriebene Sünd, er schicket sie wiederum zuruck, solche Schrift Basilio noch einmahl einzureichen, Basilius wurde das beste darbey thun. Die büssende Frau reiset zuruck, aber befand Basilium unterdessen gestorben, und ein todte Leich, welche die Priesterschaft, nach Kirchen-Brauch besungen; sie wolte ein, und dem andern beichten, nemlich Basilio, und Ephrem, aber weder einer, oder der andere hat sie von ihrer Sünd loßgesprochen; niederfallend auf ihre Knie, leget sie das Papier, worin ihre Sünd verzeichnet gewesen, auf den todten Leichnam des heiligen Basilii: einer aus der Priesterschaft eröfnet solches, befand aber ein gantz weisses Papier, darauf kein Spur einiges Buchstabens, oder Schrift. Wiewohl GOtt so wunderlich gewisen, daß ihr die Sünd vergeben seye: dannoch war sie verbunden solche zu beichten. Erwähle dir also einen guten Beichtvatter, daß du kein Abscheuen, oder Bedencken habest einem jedwedern, Gewalt-tragenden Priester zu beichten. Quid erubescis ö Homo confiteri? fragt S. Augustin. in Psal. 66 Peccator sum sicut tu: confidere ergo homo homini [857] peccatori. Quid times confiteri? id quod per confessionem scio, minus scio, quàm id, quod nescio. Confiteri times? qui non confitendo non potes esse occultus, elige, quod vis, si non confessus lates, inconfessus damnaberis. O Mensch! warum schämest du dich zu beichten? ich bin sowohl ein Sünder als du; derowegen dann, beichte O sündiger Mensch einem sündigen Menschen. Was förchtest du Beichten? was ich durch die Beicht weiß, das weiß ich weniger, als das, was ich nicht weiß. Förchtest du deine Sünd zu beichten, ungebeichtet wirst du doch nicht verborgen bleiben: erwähle was du wilst: bleibst du ohne Beicht verborgen, ungebeicht bist ewig verlohren.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 857-858.
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