Fünfzehente Begebenheit.

Drey vermummte hoch-adeliche junge Herren kommen erbärmlich ums Leben.

[650] Im Jahr Christi 1470. begabe es sich, daß drey junge Grafen von Hohenlohe zu Waldenburg auf dem Schloß eines ihrer Blut-Freundes ein Faßnacht-Spiel anstellten. Diese nach eingenommener stattlichen Gasterey, dem Anwesenden Frauenzimmer eine Kurtzweil zu machen, zogen wüste, zottete, von Pech und Hartz gantz abscheulich-gemachte Faunus-Kleider an, und sprangen also vermummt gähling in die Tafel-Stuben hinein. Warfen auf einen Tisch ein paar Würfel, um zu sehen, was einem jeden durch das Glück aus dem Frauenzimmer für ein Liebste wurde zu Theil werden. Weil aber einem der Würfel unter den Tisch gefallen, und ein Laquey mit brinnender Fackel (dann es war Nacht) denselben etwas unbehutsames herfür suchte, ein Funcken davon in das Kleid des zu nächst bey ihm stehenden jungen Grafens fiele; da dann das Kleid gar bald Flammen fassete, und wegen tauglicher Materie gleich hell um sich zu greiffen, und auf zu brinnen anfienge. Dem jungen Grafen wurde nicht mehr, als daß er anfienge, um Hilf zu schreyen, sich auf dem Boden umzuweltzen, und, wo möglich, wenigst auf solche Weis die heiß-brennende Flammen zu erstecken. Die, so an der Tafel sassen, meinten Anfangs anderst nicht, als es wäre nur ein verstellte Weis, das Frauenzimmer zu schröcken, und das Feuer wäre also zugerichtet, daß es dem Leib nicht schaden könte. Wie sie aber den Ernst gesehen, sprangen sie von der Tafel auf, und wolten den armseligen Grafen erretten helfen: und weil auch die andere 2. Vermummte unbehutsam zugriffen, wurden sie gleichfalls vom Feuer angesteckt, und waren nun alle 3. ein lauterer Brand, und zugleich die gröste Gefahr, daß nicht auch das Schloß angezündet wurde. Eberhardus (dann [650] also hiesse der Herr des Schlosses) dem vielleicht das Unglück vorgangen, und diese gefährliche Mummerey mehr geschehen lassen, als gern gesehen hatte, vorsichtiglich längst vorhin auf allen Fall einen grossen Zuber mit Wasser stellen lassen, deme dann jetzt alle zugeloffen mit den nächstbesten Geschirren, die sie erdappen können; fanden aber mit höchster Verwunderung keinen Tropfen darinn. Andere eilten zu dem Bronnen des Schlosses; allein der erste, so wiederum zuruck kame, fiele von dem obersten Staffel der Stiegen, und schüttete alles Wasser aus: der ander erwischte ein zerlechnetes, oder zerspaltenes Kübelein; und bevor er in die Tafel-Stuben hinein kame, ware schon alles ausgeronnen. Ebenfalls bemüheten sich auch die andere vergebens. Die arme junge Herren aber schryen unterdessen, heulten, zappelten, und weltzten sich mit unsäglichen Schmertzen in den Flammen herum beyläufig bey 3. Stund, und waren ohne eintzige ersprießliche Hilf nach abgebrenntem Haar, Haut und Fleisch eine Leich: Zu einem erbärmlichen Spectacul und Witzigung aller deren, die bey den Mummereyen in der Faßnacht etwann gar zu grossen Muthwillen treiben: Dann es scheinet, daß GOtt mit Fleiß, anderen zu einem Beyspiel, diese erschröckliche Abstraffung vorgenommen habe. Wo es dann wohl geheissen, was geschrieben steht Prov. 14. Das Lachen wird mit Schmertzen vermischet; und das äusserst von der Freud wird mit Traurigkeit befangen. Majolus Tom. 4. Dierum Canic. Colloq. 7.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 650-651.
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