Anderte Unform.

Ein Bauer beichtet von langer Zeit her also:

[1010] Im Namen GOttes des Vatters, und des Sohns, und des Heil. Geists, Amen.


Herr, ich weiß nicht mehr, wann ich das letzte mahl gebeicht hab. Das erste Gebott du solst glauben an einen GOtt. O Herr, ich hab allzeit an einen GOtt geglaubt. Das andere Gebott, du solst den Namen GOttes nicht eytel nennen: ich hab Sacrament, Chrysam, Gotts-Chrysam geflucht, aber nicht geschändt. Das dritte Gebott, du solt den Feyertag heiligen: wann ich gekönt hab, bin ich allzeit zur Meß gangen. Das vierte Gebott, du solst Vatter und Mutter ehren; hab weder Vatter noch Mutter, hätte wohl mehr für sie betten sollen. Das fünfte Gebott, du solst nicht tödten: ich bin niemand feind. Das sechste Gebott, du solst nicht Unkeuschheit treiben: O Herr, mein junge Jahr fichten mich an; ich weiß nicht, ob ich alles recht beicht hab oder nicht. Das siebende Gebott, du solst nicht stehlen: Herr, ich hab mein Lebtag nichts gestohlen. Die fünf Gebott der Christlichen Kirchen. Das erste, die aufgesetzte Feyertäg halten: Herr, das hab ich schon gesagt. Die sieben Tod- oder Haupt- Sünden. Die Sündē in dem H. Geist; die vier Sünden,[1010] die in den Himmel schreyen; die neun fremde Sünden. Herr das hab ich nicht gethan. Herr, jetzt weiß ich nichts mehr.


Was ist auf diese Beicht zu halten?


Antwort. Dieser Bauer hat eine närrische und ungeschickte Beicht gethan.

1. Weilen er keinen andern Eingang der Beicht gemacht, als nur das Creutz allein, zu dem hat er nicht gewußt, wann er das letztemahl gebeicht, und das allerhöchste Gut empfangen. Welches gar eine sträfliche Sorglosigkeit ist.

2. Weilen er schier den gantzen Catechismum, als wie ein Bub in der Christen-Lehr aufgesagt: es wäre wohl gut, wann dieser Bauer öfters in die Christen-Lehr kommete, und lernete, was die zehen Gebott ausweiseten: er wurde fürwahr vielmehr Sünden in seinem Gewissen finden, wann er solches über gemeldte Gebott wolte erforschen, viel mehr Sünden, sag ich, wurde er finden, als er gebeichtet hat.

3. Weilen er nicht weiß sein Beicht formlich zu schliessen: was gilts der Bauer hat vor der Beicht kein genugsame Reu und Leyd erweckt: ja ich glaub, er wisse gar nicht, was höchstnothwendig sey zum H. Sacrament der Buß. Und also wird vonnöthen seyn, daß der Beicht-Vatter für diesen Bauren ein Christen-Lehr im Beicht-Stuhl halte, wann anderst der Beicht-Vatter dem Bauren, so von einem mittlern Alter ist, mit sicherem Gewissen will die Heil. Absolution mittheilen.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 1010-1011.
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