Dritte Begebenheit.

Einem Caminfeger tragt der Fall aus dem Camin ein unverhoftes und stattliches Mittagmahl ein.

[485] Es wanderte einstens ein Welscher Caminfeger aus seiner Heimat, und kam in eine halb Calvinische Stadt, in welcher er alle Gassen durchgelossen, und nach Gewohnheit überlaut geruffen; Camin-Feg! Camin-Feg! wer will Camin-Feg, der kan mir haben. Ein Calvinist, als er dieses Ruffen gehört, liesse den Caminfeger zu sich kommen, und bestellte ihn, das Camin seines Haus zu fegen; mit dem Versprechen, daß er ihm wollte den gebührenden Lohn darfür geben. Der Caminfeger, welcher froh war, daß er Arbeit bekommen, packte alsobald seinen bey sich habenden Bündel aus; zoge die Schuh ab; schürtzte sich um mit einem Vorfell; steckte darzwischen das Feg-Eisen; zoge über den Kopf und Schultern seinen Caminfeger-Gugel; sprange auf den Herd hinauf; nahme eine Leiter, und setzte sie an das Camin. Ehe er aber die Leiter bestiege, und der Arbeit den Anfang machte, bezeichnete er sich nach uraltem Catholischen Brauch mit dem Heil. Creutz: damit die Arbeit wohl von statten gienge. Der Calvinist, weil er nach Art aller Uncatholischen das Heil. Creutz-Zeichen nicht leiden konte, rumpfte darüber die Nasen, runtzelte die Stirn, und fragte den Caminfeger Spott weis: Was bedeutet dein Creutz machen? Du willst gewiß die Mucken damit abtreiben? Der Caminfeger, diese Spott-Red verachtend, gab ihm kein Antwort; sondern stiege erstlich an der Leiter bis an die Balcken des Camins: Rutschte alsdann mit dem Rucken und Füssen an den Wänden bis zu oberst in das Camin hinauf, und machte in GOttes Namen der Arbeit den Anfang. Unterdessen da er in der Arbeit begriffen war, gedachte der boshafte Calvinist, dem Caminfeger, wegen gemachten Creutz-Zeichen einen Possen zu reissen. Lieffe also dem Stall, so an dem Haus war, zu; nahme (mit Gunst zu melden) eine Schaufel voll Mist; gieng damit [485] dem Herd zu, zoge aus der Aschen glüende Kohlen herfür, legte den Mist darauf: und erweckte damit einen solchen Rauch, daß der arme Caminfeger hätte ersticken mögen. Es rufte zwar dieser: Wet der Tifel! was ist das? Was mackest du für ein Rauck auf der Herd? Wander du nicht aufhörst, ick nicht kan fort macken. Lasser du der Narren-Possen bleiben; oder feg du der Camin: Du Hesel du.


Indem nun der arme Caminfeger wegen unerträglichem Rauch nicht wußte, was er sollte anfangen, streckte er, um frischen Luft zu schöpfen, den Kopf zum Camin hinaus, und ersahe zu allem Glück zunächst ein anders Camin von eines benachbarten Catholischen Hauses. Da hube er dann in aller Eil von beyden Camin-Tächlein die Ziegel weg; schlufte mithin aus dem ersten in das andere Camin, und fienge darinn an zu fegen, was giebst, was hast; ohne daß der Herr des Hauses etwas davon wußte; will geschweigen, daß er ihn dazu bestellt hätte. Der Herr hatte eben dazumahl Gäst bey sich, die er mit einer stattlichen Mahlzeit tractirte. Wie er nun das Fegen in seinem Camin gehört, gedachte er bey sich selbst: Was ist das? Wer fegt in meinem Camin? Ich hab gewißlich niemand dazu bestellt? Es wird ja kein Hex seyn, so der höllische Bock daher geführt, und im Camin abgesattelt hat? Er spitzte also samt den anwesenden Gästen die Ohren, und wußte nicht, was er gedencken sollte. Unterdessen fuhre der Caminfeger in seiner Arbeit fort, bis ihm endlich vor Müdigkeit die Füß entwischt, und er mithin mit grossem Gerümpel auf den Herd hinunter gefallen: Da er dann ohne Zweifel wegen dem harten Fall wird gesagt haben: O bhüt mir GOtt! wie ist der Tifel so hart! der Herr, so bald er dieses Gerümpel gehört, stunde von dem Tisch auf, und eilte samt den Gästen der Kuchel zu: um zu sehen, wer dieses Gerümpel erweckt hätte. Wie sie nun den Caminfeger auf dem Herd sitzend ersehen, glaubten sie nicht anderst, als seye es der lebendige Teufel selbsten. Erschracken demnach dergestalten, daß sie die Flucht nicht allein zur Kuchel, sondern so gar zum Haus hinaus nahmen, mit Hinterlassung des stattlichen Mittagsmahls in der Stuben. Der Caminfeger dies sehend, gedachte bey sich selbst: Fliehet nur, so weit ihr wollt; mag es wohl leiden: Wann mir nur das Glück so wohl will, daß ich in diesem Haus etwas zu essen, und zu trincken finde; dann ich viel hungerig und durstig bin. Auf dieses hin richtete er sich von dem Herd auf, und nahme seinen Weeg durch die Kuchel der Stuben zu. Diese fande er dann nicht allein offen, sondern auch den Tisch darinn mit allerhand köstlichen Speisen und Tranck besetzt. Das war nun ein Sach, von welcher der Caminfeger ihm nicht einmahl hätte därfen traumen lassen. Er bediente sich also mit Freuden dieser Gelegenheit: [486] Und damit ihn niemand daran hindern könnte, verriglete er die Stuben-Thür, setzte sich an den Tisch, legte sich mit beyden Armen hinein, asse und trancke, was und so viel ihm beliebte, und liesse ihm also rechtschaffen wohl seyn. Unterdessen erholte sich der entflohene Herr des Hauses samt denen Gästen wiederum aus der Forcht, kamen also in das Haus zuruck, Willens sich wiederum an den verlassenen Tisch zu setzen, und das Mittagmahl gar zu endigen. Weil sie aber die Stuben-Thür verriglet fanden, kame sie ein neue Forcht an, und wußten nicht, was sie gedencken sollten. Unter dessen sahe einer aus ihnen durch ein Klumsen der Thür in die Stuben hinein und erblickte den Caminfeger am Tisch sitzend, und im vollen Sauß und Brauß lebend. Da sagte er dann zu dem anderen: Ha ha! jetzt wissen wir, was wir in der Kuchel für einen Teufel gesehen haben: Es ist halt ein Caminfeger, der unbedingter das Camin des Hauses gefeget hat; der vertrittet nun unsere Stell in der Stuben, isset, und trinckt wacker drauf. Laßt uns dann anklopfen, und vernehmen, was dieses für ein Comödi seye: Dieses geredt, befahle er dem Caminfeger unverzüglich die Stuben-Thür aufzumachen, wann er nicht wolle, daß man selbige mit Gewalt aufsprenge, und ihne halb zu tod schlage. Als nun der Camin-Feger die Thür aufgemacht, fragte ihn der Herr des Hauses, wer er wäre? wie er in das Haus gekommen? und mit was Unfug er sich habe därfen nicht allein an den Tisch setzen, sondern auch nach seinem Belieben den Bauch mit Essen und Trincken anfüllen, als wann das Mittagmahl seinetwegen wäre angesehen worden? Der Caminfeger machte sein Compliment, bittete um Verzeihung, und erzählte den gantzen Handel, wie ihm ergangen, und was ihm der Calvinist für einen Possen gespielt hätte; für welchen ihm aber ein stattliches Mittagmahl wäre zu Theil worden. Als der Herr des Hauses samt denen Gästen das gehört, hatten sie darüber einen solchen Spaß, daß sie eben gemeint sie müssen ihnen Lung und Leber heraus lachen. Der Caminfeger aber beurlaubte sich darauf, und erstattete höchsten Danck für das wider alles Verhoffen genossene stattliche Mittagmahl; gienge alsdann zu dem Calvinisten, der ihm den Possen gerissen, und forderte den versprochenen Lohn, nicht anderst, als hätte er das Camin seines Hauses völlig gefeget: Welchen Lohn ihm der Calvinist auch nicht hat abschlagen därfen. Gazæus S.J. in piis Hil. tom. 2. ex relatu boni viri.


Wie wohl hat dieser Caminfeger gethan, daß er sein Arbeit mit dem Heil. Creutz-Zeichen angefangen! vielleicht wurde er von dem Rauch, den ihm der boshafte Calvinist gemacht hatte, erstickt worden seyn. Wie unverhoft ist ihm hernach ein stattliches Mittagmahl zu Theil worden! mit diesem hat GOtt die Catholische Andacht belohnen roollen. Sagen [487] die Uncatholische, was sie wollen: Einmahl durch das Heil. Creutz ist uns alles Heil zugeflossen; und fließt uns noch täglich zu. Fange also, liebe Catholische Jugend! all dein Thun und Lassen mit dem Heil. Creutz-Zeichen an; und du wirst erfahren, daß dir alles wohl wird von statten gehen. Fliehe mithin die Bosheit der Uncatholischen, welche das heilig Creutz-Zeichen verlachen, und gedencke, daß ihr Lehr eben darum zu verwerfen seye.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 485-488.
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