Acht und dreyßigste Begebenheit.

Ein altes, Lutherisches, und in ihrem Irrthum hartnäckiges Weib wir von einem Ordens-Mann artiglich überwiesen, daß sie den rechten Glauben nicht habe.

[586] P. Wolffgang Rauscher, aus der Gesellschaft JEsu, ein vornehmer Prediger, erzählet diese Begebenheit von sich selbst, folgenden Innhalts:


Ein 70. jähriges Lutherisches Weib brachte, in Begleitung einer Catholischen Nachbarin, ihren Enckel, einen Knaben beyläufig bey 15. Jahren, zu mir in das Collegium, mit Bitt, daß ich doch aus dem Convertiten-Geld (so Ihro Churfürstliche Durchleucht aus Bayren, als ein Allmosen jährlich für die Arme zum Catholischen Glauben bekehrte nach Augspurg einem unserer Patrum übermachen, und ich damahls zu verwalten hatte) diesem Enckel ein Kleid wolte machen, und ihm ein Handwerck lernen lassen, so wolte er Catholisch werden; und sie hätte auch nichts darwider, etc. Ich hab aber diese Alte mit folgendem Gegensatz empfangen. Entweders glaubt ihr daß unser, der Papisten Glaub (wie ihr Lutheraner uns nennet) der rechte Glaub seye; oder nicht? Glaubt ihrs nicht, und wollet dannoch eueren Enckel lassen Catholisch werden, so müß ihr wohl ein gottloses Weib seyn, die ihr eueres Kinds Fleisch und Blut also in die Klauen des Teufels um ein paar Hosen, und Wammes woltet überlifferen. Glaubt ihr aber, daß wir Papisten den rechten Glauben haben, so muß nicht nur euer Enckel, sondern ihr selbst auch den Lutherischen Glauben fahren lassen, und den Catholischen, als den rechten Glauben annehmen: Weil nur ein Glaub der rechte ist; und ohne den rechten Glauben kein Mensch kan selig werden, wie der Apostel sagt ad Ephes. 4. v. 5. & ad Hebr. 11. v. 6. Das ware ein Streich, den dieses Mütterlein nicht erwartet hatte; sagte doch gleichwohl: Sie liesse den Catholischen Glauben einen guten Glauben seyn; sie aber wäre schon zu alt darzu, und nicht gedacht, jetzt erst eine Religions-Aenderung vorzunehmen. Ich tribe sie aber weiter, daß in den Weinberg des HErrn (wodurch die wahre Kirch, und Versammlung der Rechtglaubigen bedeutet wird) auch Leut um die 9te und 11te Stund kommen seynd; die aber [586] in diesem Weinberg sich nicht eingefunden, ob sie schon ausserhalb sich viel bemühet, und abgezappelt, haben keinen Lohn empfangen. Also seye ausser der wahren Kirchen auch kein Seligkeit zu hoffen, etc. Auf dieses wußte sie weiter nichts zu antworten, sondern sagte allein, sie wolte es in GOttes Namen wagen, und auf dem jenigen Glauben sterben, worinn sie gebohren, und erzogen worden, etc. Ich zeigte ihr aber handgreiflich, daß es nicht wagen gelte; sondern der Mensch, so bald er vernünftige Bedencken siehet, im Gewissen, und bey Verlurst der Seelen-Seligkeit schuldig seye, nachzuforschen; und wann er befindet, daß er unrecht daran, den Glauben auch noch die letzte Stund im Todbeth zu änderen. Ich getraue mir, durch die Gnad GOttes, ihr kurtz zu erweisen, daß die Lutheraner kein rechte, sondern ein verfälschte heilige Schrift; kein wahres Sacrament (ausser dem Tauf) keinen Gewalt, die Sünden zu verzeihen; das Abendmahl zu reichen; ja keinen rechten Glauben hätten, etc. Und sagte ferners, wann es gleich also wagen, und auf demjenigen Glauben sterben gelten solte, er seye der rechte, oder nicht, in dem man gebohren, und erzogen worden, so könte es ein Calvinist, ein Wiedertäuffer, ein Jud, ein Türck auch wagen. Wäre es aber darum recht? Wäre es sicher? Sie wolte aber weiter nichts hören; wiederholte ihre alte Leyren, sie bleibe bey ihrem Glauben, etc. Weil ich also sahe, daß ich nichts ausrichtete, entliesse ich sie mit diesen Worten, deren sie selbst lachen mußte: So geht dann hin, mein Alte! sehet aber zu, daß euch der Peltz nicht brinnend werde. Prænom. P. Rauscher S.J. Conc. 4. de SS. Angelis Custod.


Hartnäckig auf seinem Sinn bleiben (insgemein davon zu reden) wann man einem schon zeigt, daß er nicht recht habe, ist billich zu tadlen. Aber noch viel mehr in Glaubens-Sachen, da man doch des Irrthums überwiesen wird. Dann das ist ein Ketzerische Art, dabey man die Seligkeit einbüsset.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 586-587.
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