14. Ein guter Nahme in Verfolgung

[220] Melintes den der Feinde Macht

Um seine Wohlfahrt hat gebracht,

Dem sprach man tröstlich also zu:

Melintes stelle dich zur Ruh',

Weil deiner Unschuld nichts gebricht,

Und jeder von dir rühmlich spricht,

Der sich mit jenen nicht verschworen,

Melintes hört' es an, und rieff:

Was nützt ein guter Wind1 dem Schiff',

Das Mast und Segel hat verlohren?


Fußnoten

1 Was nützt ein guter Wind. Ich muss hier nochmals wiederhohlen, was ich schon zuvor nicht unklar angedeutet, nemlich dass in solchen Gleichnüssen mehr Sinnligkeit bestehe, als wenn man nach weit her gesuchten Gründen schwartz aus weiss, oder weiss aus schwartz am Ende einer Uberschrifft machet, insonderheit, wenn sie von sich selber so deutlich sind, dass sie keiner weitläufftigen Auslegung vonnöthen haben. Wie ich mir denn einbilde, dass ein jeder allhier gar leicht erkennen wird, dass ich des Menschen Hab' und Gut durch Mast und Sege!, und den Ruhm durch den Wind angedeutet habe.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 220.
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