23. Auff Cimon

[224] Als Cimon in der Noth des Vaters schwere Band',

So unverdient wie der, sich um den Fuss geleget,

So ward Athen zur Reu' im Augenblick beweget,

Und schaut' in einem Sohn des Landes Ehr' und Schand';1

So dass, was grosse Lieb' im Sohn der Vater nandte

Vor grosse Tugend sie im Unterthan erkante,

Und dass vors Vaterland er mehr2 als Unterthan,

Als vor den Vater hab', als dessen Sohn, gethan.


Fußnoten

1 Des Landes Ehr' und Schand'.Weil er durch diese schöne That ihnen beydes seine Tugend die er von seinem Vater geerbet, und ihr Unrecht das sie seinem Vater anthun wollen, vor Augen gestellet.


2 Und dass vors Vaterland er mehr. Indem er dem Vaterland durch die Befreyung eines unschuldigen Mannes die Ehre, seinem Vater aber nur das Leben gerettet. Im übrigen so besorge ich fast, dass ich in dieser Uberschrifft zu viel gekünstelt, und dannenhero folgende, welche in der vorigen Ausgabe zu finden, wegen ihrer Einfalt dem Leser besser gefallen möchte.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 224.
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