28. Wissenheit ohne Bescheidenheit

[347] Wer nicht mit viel Bescheidenheit

Verbirget viel Geschicklichkeit;

Wer nicht zuweilen klüglich fehlt,

Und vor die Missgunst Lieb' erwehlt;1

Der wird dem Spieler gleich geschätzt,

Der alles zieht, was man aufsetzt:

Wer stets gewinnt, dem setzt man wenig auf im Spiel,

Und der, der niemals nicht verliert, gewinnt nicht viel.


Fußnoten

1 Wer nicht zuweilen klüglich fehlt, und vor die Missgunst Lieb' erwehlt. In der vorigen Ausgabe lahs man stat dieser, folgende Verse:


Wer nicht zuweilen klüglich irrt,

Und des Aufmerckers Aug verwirrt.


Ob nun gleich dieselbe einen vollen und nachdencklichen Verstand hatten; so hat man dennoch dieselbe wegen der missfallenden Elision des Worts Auge verworffen; und sich folgends nicht verdriessen lassen nach des Horatius Lehre:


Verba movere loco, quamvis invita recedant,

Et versentur adhuc intra penetralia Vestae.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 347.
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