31. Grabschrifft des angenehmen Peirekus

[348] Peirekus liegt allhier begraben,

Den Freude, Kurtzweil, Schertz, und Lust

Biss in das Grab begleitet haben;

Der, was ihm die Natur ertheilt, zu brauchen wust';

Der die einfältigsten Geschichte

Durch Stellung seines Munds, durch Züg' in dem Gesichte,

Durch angebohrne Huld, belebt und kitzlich macht',

Und nie verdrüsslich war, ob er zu erst gleich lacht';

Der Don Quixotes Gebräuch' im Munde pflegt zu tragen,

Und so zu schreiben wust', als dieser sich zu schlagen;

Der nie ein Glass versagt, das ihm ein Freund gefüllt,

Und in der Lust nicht dacht' an folgende Beschwerden:

Kurtz: Der im Leben höher hielt,

Geliebt als hochgeschätzt zu werden.1


Fußnoten

1 Geliebt als hochgeschätzt zu werden. Es sind nur wenig Leute unter uns die den Unterscheid dieser Worte recht kennen, da sie doch so zu sagen den gantzen Himmel zwischen sich haben. Liebe ist gemeiniglich die Wirckung einer sonderbaren Artigkeit und Geschickligkeit; die Hochachtung aber kommt von einer sonderbaren Tugend her. Hephestion ward von Alexander geliebet, weil er ein geschickter Hoffmann; Antipater aber von ihm in hohen Wehrt gehalten, weil er ein kluger Staatsmann war. Der erste befoderte seine Lust; der andre aber den Nutzen und die Wollfahrt seines Reiches. Beyde Personen trifft man selten in einem Menschen an. Augustus hatte in der That seinen Maecenas, un dich kenne noch Einen, der, wie er von seinem Könige, also auch von allen die ihn kennen, beydes geliebet und hochgeschätzet wird.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 348-349.
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