40. An einen Geitzhals

[391] Steht's einem Geitzhals an auf Aelius zu schmähn,

Weil er Vergebens hofft auf was nicht kan geschehn?

Stell' ein dein nichtiges Geschwätze;

Und glaube dass die Welt, die alles woll erwegt,

Auf eine Wageschahl der Geitzhäls'1 ihre Schätze,

So wie der Narren Hoffnung legt.


Fußnoten

1 Auf eine Wageschahl der Geithäls' etc. Es lässt sich leicht begreiffen dass es einerley Thorheit sey, etwas zu besitzen das man sich nicht zu Nutzen machet; und auf etwas zu hoffen, das man nie erreichen kan. Ja die erste ist grösser als die andere. Denn wenn jener von seinem wahren Besitz nichts als Sorgen und Verdruss hat; so wird dieser durch seine falsche Hoffnung in allen seinen Wiederwertigkeiten unterstützet: so gar, dass wenn ihm jemand die Unmüglichkeit der verhoften Sache vor Augen legen solte, er Zweifels ohne in diese bekante Worte ausbrechen würde:

Pol me occidistis, amici,

Non servastis, ait: cui sie extorta voluptas,

Et demtus per vim mentis gratissimus error.


Horat. Ep. 2 1. 2.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 391.
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