21.

Wie Lewfrid gon Lysabona will reitten, kompt auch in die vorgenant herberg, erfart von dem wirt, wie etlich kauffleüt zů roß und fůß erst newlich durch den wald seyen. Er eylet bald hinnach, kompt zů den dreyen mördern.

[319] Die drey bößwicht, als sie von den jungen kummen sind, hand sie beiseitz einen hecken geschlagen, damit man ihn nit nachspüret, unnd sind wider zůruckgezogen. Nun begab sich gleich der zeit, als Leuwfrid von seinen herren gohn Lysabona geschickt ward, etlich gelt doselbs zů holen, also er auch durch disen wald reiten můßt. Er kam zů ehegedachtem wirt; der sagt im, es werend kurtz vor dem, daß er dohin kommen wer, fünff kauffmenner durch den wald mit zweyen rossen gezogen. Lewfrid was des wol zůfriden, gab seinem gaul die sporen, hoffet zů disen kauffleuten zů kommen, als dann auch geschahe.

Er was nit gar ein stund geritten, so bekommen im die drey bößwicht mit den zweyen pferden geladen. Alsbald sie Lewfriden ersahen also eintzig daherreiten, sagt der elter under inen: ›Seind munder, lieben brüder, und setzend dapffer zůsamen! Ich hoff, wir wöllend all drey beritten werden.‹[319]

In dem kam Lewfrid hart auff sie. Er versan sich keines argen, grůßt sie freundtlich und fragt, ob nit ihren fünff vor im durch den wald zugen mit zweyen ledigen pferden. Der elter bößwicht sagt ja, sie weren nit weit vor im, gieng damit zů seinem pferdt, erwuschet das bei dem zaum, zucket damit von leder und sagt: ›Stand ab schnell und bald, oder du můst uns dein leben lassen!‹ Lewfrid, ein unverzagter reyter, saumet sich nit lang, zucket sein gůtes schwerdt und hew dem eltern mörder die hand an dem zaum ab, eylet demnach streng uff die andren zwen, schlůg gar krefftigklichen zů. Der alt von wegen des schmertzens und schreckens, so er hat, kond sich gar nit mer wehren, so wolten die zwen die flucht geben haben. Lewfrid aber eylet in streng nach, hew den einen hinden durch sein achseln, das er im das schulterbret gar zerspielt. Der dritt wolt im in ein dicke dornhurst entrunnen sein; Lewfrid eylet im hart nach. Er bestecket in dem dicken dorn; do stieß Lewfrid sein schwerdt durch in, so weit es hinein mocht. Der ander lag und blůtet gar fast, das im gar onmechtig ward. Lewfrid stund ab, hiew im den grind ab.

Der alt bößwicht begert der stangen und bat Lewfriden umb fristung seines lebens. Lewfrid sagt: ›Du schandtlicher mörder und verrähter, du můst mir anzeigen, wo ir die pferd hand überkommen und was ir darauff fürend.‹ Alsbald sagt im der schalck alle ding, was sich mit den zweyen zůtragen hett. Also band ihm Lewfrid den stumpen zů mit einem hembd, so er von den andren gerissen hatt, saß demnach wider auff sein pferdt, trib die zwey roß vor im her.

Bald kamen sie an das ort, do Walter und sein knecht an der tannen gebunden stunden. Die erschracken gar seer, als sie den alten mörder ansichtig wurden; dann sie meynten, er kem allein darumb, das er in das leben nemen wolt. Alsbald aber Lewfrid dise zwen erblicket, erbarmbten sie in hart. Er stund ab, löset in ire band auff, die hatten in gar tieffe schrunden geschnitten. Wer ward frölicher dann die gůten jüngling! Lewfrid nam ir gewand und schwerdter, gab ihn die wider, fragt sie aller ursach, wie sie dohin komen weren. Als aber sie in berichten, wie der alt mörder so streng nach ihrem leben getrungen und so gar kein erbarmung mit in gehabt,[320] ward Lewfrid gar in grimmen zorn gegen im bewegt und sagt: ›Dieweil du mit und durch deine verrähterey dise jungen mit liebkosen dohin bracht, so das sie dir deiner untrew und falschen worten glauben geben hand, und du aber minder erbermbd mit in gehabt dann deine andren zwen mithelffer, so sol dir auch dein verdienter lon darumb werden.‹ Lewfrid nam einen strick, damit die jungen gebunden waren gewesen, und hing den alten bößwicht an einen ast. Demnach sassen sie auff zů roß, wurden der sachen eins, sie wolten wider zůruckreiten, in gemeltem wirtzhauß den tag vollend beliben, ir speiß und dranck da nemmen. Des was Walter sampt seinem knecht wol zůfriden.

Als sie nun auff dem weg also riten, sich mitnander ersprachten, fragt Lewfrid under andrem, was ihr wesen und begangenschafft wer, oder wohin sie reiten wolten. Walter sagt mit leydiger stimm: ›Mein lieber herr, ich hett euch gar lang davon zů sagen; dann ich reit keiner kauffmanschafft noch andren gewerben nach. Damit ir aber von mir aller sachen gnůgsamen bericht empfahet, will ich euch, so mir in die herberg kommen, nach der lenge die gantz handlung meines vatterlands, aufferziehens und sonderlich die ursach meiner jetzigen reyß zů wissen thůn.‹ Diß gefiel Lewfriden seer wol. Sie vertriben die überig zeit fürbaß mit andrem gesprech, ritten so lang, das sie dem wald ein end kamen, die lustig herberg vor in sahen, des sie gar grosse freud empfahen wurden.

Sie kamen zů der herberg, stunden ab, wurden von dem wirt schon empfangen. Der erkennet sie zůstund, in wundert fast ires widerkehrens, fragt sie der ursach. Des berichten sie ihn gentzlich, darab der wirt nit minder freud dann verwunderung empfahen thet. Als es nun umb den nachtimbiß was, wurden die tisch bereit. Inn dem kamen noch sechs kauffmenner, die waren auß dem künigreich Grallitien und hatten auch willens über den wald und unwegsam gebirg zů reiten. Die wurden auch aller sachen von dem wirt verstendigt, des sie sich gar größlichen verwunderten, sonderlich ab der mannlicheit Lewfrids. Sie erfrewten sich auch größlich, als sie vernamen, das Lewfrid den andren tag mit in über das gebürg reiten wolt.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 319-321.
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