23.

Wie Lewfrid sampt seiner geselschafft gon Lißbona kummen, und wie Walter und Lewfrid Lotzman den lewen an deß königs hoff funden; derselb gantz fründtlich mit in schertzet, als wann er sie noch kennet.

[325] Deß abent spat kamen sie gon Lißbona, zugen ein zů einem gůten wirt, der empfieng sie gar schön. Deß anderen tags richtet Lewfrid sein befelch auß; demnach ging er mit Waltern und seinem knecht spatzieren, besahen die stat nach irem gefallen. Do funden sie vil kostlich kauffmanschafft von allerhand waar, so man in aller welt sich gebrauchet. Demnach kamend sie an deß königs hoff, do fand Walter einen lantzman, welcher auß seiner statt bürtig und vor langen jaren mit Waltern unnd Lewfriden zů schůlen gangen was. Sobald er den Waltheren ersah, kennet er ihn gleich; Lewfriden aber mocht er nit mehr erkennen, dann er in vil lenger nit gesehen hat. Aber Walther kondt in gar wol berichten, das er den Lewfriden erkandt; dann er auch in seinem künigreich was gewesen.

Als sie nun gůte kundtschafft mitnander gemacht hatten, fůrt sie ehgedachter jüngling an alle ort des küniglichen palasts. Do ersahend sie mancherley thier, so auß India und Arabia kommen waren, davon Lewfrid und seine gesellen groß freud namen. Als sie nun deren ding gesehen hatten, fůrt er sie inn ein schönen thiergarten, in dem gingen hirschen und reher und sunst allerley thier. Under andrem aber sahend sie einen grossen lewen ungebunden mit und bei den andren thierlin gon, deß sich Lewfrid nit gnůg verwundern kund. Er fraget, wie doch der lew so zam und wohar er kummen wer. Also ward er aller ding bericht. Walther, der dann mer von dem lewen gehört hatt dann Lewfrid, sprach also: ›Fürwar, Lewfrid, als mich wil beduncken, wird eben diß der lew sein, welchen dein vatter erzogen hatt.‹ – ›Sicher,‹ sagt ihr lantzman, ›solt ir mir gelauben, daß in der künig auß dem castel, so znechst bey unser statt Salamanca gelegen ist, bracht hat allein von wegen seiner heimligkeyt.‹ Lewfrid sagt: ›Warlich, so ist diser lew ein ursach, das ich mit meinem nammen Lewfrid genant und getaufft worden bin. Gott wolt, mein lieber vatter wissen möcht, das ich im, disem Lotzman so nahend bin!‹ Mit disen worten nehet sich Lewfrid zů im, sprach[326] in an und sagt: ›Lotzman, du mein lieber brůder, wann es müglich wer, das du mich so wol erkantest, als du meinen vatter erkant hast, du wirdest mir deinen tatzen geben.‹ Diß geredt bodt er dem lewen sein rechte hand dar; der gieng gar fridlich zů im und gab im ein tatzen. Des verwunderten sich die andren, so bey im waren. Dann sie deß nit gewont an disem lewen waren, das er vil mit frembden leuten geselschafft machet; allein mit denen, so stetig umb in waren, pflag er gesellschafft, zů haben.

Als nun Lewfrid und seine gesellen alle ding nach wünsch und willen ersehen hand, sind sie wider in ir herberg gangen, mit den kauffleuten, so mit in kummen waren, ein gůten můt gehabt. Deß andren tags ging Lewfrid zů besehen, wo er etwas finden möcht, das er seiner liebsten junckfrauwen Angliana kramet; dann er ihr zů keiner zeit vergessen mocht. Er fand sein gattung nach allem wunsch; er kramet auch allen andren junckfrauwen, so inn dem frauwenzimmer waren. Unnd als er jetzund wider mit brieffen abgefertiget, seim herren all seine geschefft außgericht, hatt er sich nit lenger zů Lyßabona verhinderen wöllen, ist sampt Walther und seinem diener den nechsten heimwerts geritten, unangefochten biß in seines herren, des graven, land kommen.

Angliana täglichen ihr vertrewte junckfrauw fragen thet, wann sie etwas von Lewfriden vernem, bat sie dabey, sobald se erfür, wie es umb Leuwfriden stünd, solt sie ihr das nit verbergen. Das versprach ihr junckfrauw Florina zů thůn.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 325-327.
Lizenz:
Kategorien: