28.

Wie Lewfrid, nachdem er von Lißbona kommen, von seiner allerliebsten junckfrauwen beschickt würt; was grosser freud sie von der zůkunfft des lewens gewann.

[338] In kurtzen tagen kamen sie mit grossen freüden zů land. Angliana, welche ir kuntschafft seer gůt hatt von ihrer vertrawten junckfrawen, bald vernam, das ihr liebster jüngling zů land kummen was unnd ein lewen mit im bracht, von welchem sie vormals hat hören sagen. Sie machet bald ir botschafft zů im, damit sie sich nach irem wolgefallen mit im ersprachen möcht, ließ im auch sagen, er solt seinen liebsten geferten mit im bringen. Lewfrid vernam die botschafft gar bald, verstůnd dobey wol, was geferten die junckfraw gemeynt het. Er nam Lotzman den lewen, fügt sich mit im in den schonen garten, darin in die junckfraw bescheiden hat. Die empfing in mit grossen freüden; bey ir was niemans dann allein Florina die junckfraw, deren sie dann jetzund nichs mer verbergen was.

Als nun Angliana den schonen unnd grossen lewen ersehen, dabey sein groß liebe, so er zů dem jüngling trůg, bedencken ward, fieng sie an zů Florina, der junckfrawen, zů reden: ›Hiebei, mein allervertrewtiste freündin und schwester, můß ich klerlich abnemen, das diser jüngling mit sunder genad von gott begabt ist, dieweil von dem an, das in sein můtter erstlich empfangen unnd noch under irem hertzen getragen; diser lew sich zů seinem vatter geselt, gantz getrewlick auff sein vieh gleich einem hund gewartet hat. Das dann gwißlich zů verwundern ist, ich geschwig der freündtlicheit, so er im in seiner kindheit erzeiget hat. Das aber mich zům grösten thůt verwundern, ist das, dieweil diser lew den jüngling in so vil jaren nit gesehen und nicht dest weniger erkant hat; ist ein gnůgsamme anzeygung, das Lewfrid und diser lew ein gleich gemüt haben, das sich dan mit im an den dreyen mördern wol beschinen hat. Derhalben, o liebe Florina, solt du nymmermehr anderst von mir vernemmen, dann das diser jüngling einer königin wol werdt wer; unnd so er mir zů[339] einem mann vertreuwt wird, wolt ich für all irdische freud haben.‹ – Damit wendet sie sich zů dem jüngling und sagt: ›Lewfrid, mein liebster freünd, dir ist nunmer die groß lieb und gunst, so ich zů dir trag, unverborgen, bin auch gůter hoffnung, dein erste lieb sey noch nit gegen mir erloschen. Wo im dann also ist, so beger ich, das du mir das offenbarest, mir auch darbei anzeigen, welcher gestalt dein lieb und hertz gegen mir gesinnet sey.‹

Lewfrid mit grossen freuden der junckfrawen antwort unnd sprach: ›Wolgeborne junckfrauw, in welcher gstalt mein liebe gesinnet und geartet sey gegen ewer gnad, ist mir nit müglich weder durch wort noch geschrifft auszůsprechen, es wer dann sach das ihr in mein hertz hineinsehen möchten. Ich aber můß bekennen, das ich von geringsten eltern geboren bin. Darumb mir nit gebüren will euch mein gemüt gantz und gar zů entdecken, dieweil nit müglich ist zů geschehen, des ich begeren bin.‹

›Des biß gantz sicher unnd getrost,‹ sagt Angliana, ›wo du meines leibs zů ehren begerst, so biß vergwißt, er soll dir werden. Wo aber dein gemüt anderst gegen mir gesinnet wer, wirdest du gantz auß meinem hertzen geschlossen werden, kein gunst noch gnad nimmermehr bey mir erlangen.‹ Darauff antwort Leuwfrid: ›Allergnedigste junckfrauw, das sey ferr von mir, das ich gedencken solt oder einichen menschen auff erden wissen, so unordenliche liebe zů euch trüg. Fürwar er müßt mir sein leben darumb lassen; dann mein hertz unnd gemüt nie anderst zů euch gestanden ist dann inn allen züchten unnd ehren. Sollichs sond ihr mir gantz und gar getrewen. Mir mag auch kein grössere freud nit zůhanden gon, dann so ich euch gedienen kan.‹

›So nim hin,‹ sagt Angliana, ›des mein trew zů pfand, das ich dich fürbaß für meinen rechten einigen und stäten ehgemahel haben wil; mich soll auch weder meines vatters gůt noch nichts anders daran verhinderen. Des nim hin von mir diß kleinot zů einem waren und unzerbrochnen zeichen warer lieb, trew und freundtschafft!‹

Von disen worten ward Lewfrid so hoch erfrewet, das er auff der junckfrawen red gar nit antworten kond, stund also[340] in seinem angesicht gantz entferbet, die junckfraw ansehend; biß er sich zůletz erholen thet, sagt er: ›O gnedige junckfraw, diser grosser widergeltung meiner lieb het ich mich nimmermer versehen; dann ich sein je nit wert bin. Dieweil mich aber das glück so gnediglich ansehen, deßgleich mir ewer gnad so wol wil, so versprich ich euch, von disem tag an allen meinen fleiß dohin zů wenden, damit ich von allermenigklich in ritterspielen geprisen unnd gelobt werd, hoff auch, ein semlichs soll mir zů gůtem end gerathen.‹ – ›Daran,‹ sagt Angliana, ›würstu mir, liebster Lewfrid, ein sonder groß wolgefallen beweisen.‹

Als nun die zwey so mancherley freundtlicher gesprech mitnander hatten und junckfraw Florina alle ding sah und hort, erschrack sie on massen gar seer, wunscht auch heimlich in irem hertzen, das sie Lewfriden noch die junckfraw nie erkant hette, dieweil sie gedacht, wie sie von dem graffen verdocht werden möcht, als wann sie zů solcher sachen hilff und steür gethon het. Darumb dann die gůt Florina seer betrübt und bekümmert was; hergegen aber was Lewfrid unnd Angliana inn grossen freuden; biß jetz die zeit kam, das sie scheiden můßten, namen sie zů beider seit urlaub von einander, unnd gieng jedes in sein gemach.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 338-341.
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