29.

Wie Florina groß sorg trůg, die liebe irer junckfrawen wird an tag kommen, sie gar mit züchtigen worten straffet.

[341] Als nu Florina mit Angliana in ir gemach kummen was, fieng sie an je lenger je mer nach der sachen zů gedencken. Diser verenderung Angliana bald warnam; darumb fing sie an mit Florina zů reden und sagt: ›Sag mir, du mein liebe und vertrewte junckfraw under allen meinen junckfrawen, was ursachet doch dich auff disen tag zů solichen trawren, dieweil[341] du mich doch nie in grösseren freüden dann auff den heütigen tag gesehen hast? Weyst du nicht, das man spricht: Mit den betrübten soll man trawren, mit den frölichen aber sol man frölich sein? Warumb hast du dann nit auch freüd mit mir, dieweil du vernummen hast, das der, welchen ich vor aller welt lieb hab, mich auch liebet? Dann du bist je selb zůgegen gewesen, als ich ihm und er mir stete und unzerbrochne lieb versprochen. Ich hab dich auch allein darumb zů mir genummen, damit solicher meiner liebe möchtest erfaren unnd dich mit mir erfrewen. Du aber warlich machest mich mit deiner bekümmerten gestalt etwas unmütig, so das ich gedenck, du trawrest umb Lewfriden, welchen ich mir für meinen allerliebsten amey erwölt hab.‹ Mit disen worten beschlos Angliana.

Als nun Florina einen schweren seüfftzen von hertzen hat gan lassen, fieng sie ir antwort an und sagt: ›O junckfrauw Angliana, ein semlich mißvertrewen, so ir zů mir haben, hatt mir mein hertz nie berürt. So habt ir des auch gar kein ursach zů mir; dann ich mich alweg aller trew und verschwigenheit gegen euch gebraucht, hab aber nit gedacht, das die sach dahin kummen solt, das ir euch mit Lewfriden on vorwissen eüwers herren und vatters vermehlen solt. Das dann allein ein ursach ist meines trawrens, dieweil ich bedencke die vilfaltig botschafft, so ich euch gegen dem jüngling anßgericht hab, und aber die groß lieb eüwer beyder mir gar verborgen gewesen ist, wiewol ich zům teil ein gůten willen, so ir zů dem jüngling getragen, wol gespürt; hab aber nicht anders gemeynt, dann diß als geschehe von wegen seiner vleißigen dienst, so er vor allen andern diener euch teglich beweisen hat. Sunst hette ich mich nimermer einniche botschafft begeben anßzůrichten. Gedencket, allerliebste junckfraw, was grossen übels wirt mir darauß entston, solt eüwer herr vatter der ding von mir innen werden! Fürwar ich on alle gnad von dem hof wichen müßt. Ach mir armen, wie wolt ich dann die schand gegen meinen eltern verantworten! Ich bedürfft ihn sicher nicht mer zů gesicht kummen. Darumb hab ich, liebe junckfraw, nit wenig ursach zů trawren. Gott wolt, Lewfrid wer von mir nie erkant worden. Das ihr[342] aber mich in dem verdencken haben, als wann mich der verlust des jünglings zů unmůt bewegen solt, das sey ferr von mir. Dann ich im kein sunder holtschafft nie getragen hab, bin im auch nie feind gewesen; dieweil er aber mer dann kein ander jüngling in eüwer frawenzimmer gewonet, uns auch zum offtermal mit seinem gesang und schimpflichen gesprech die zeit gekürtzet, hab ich ihn fast gern gehört. Bin derhalben dest williger gewesen, so ir mirs befolhen, den jüngling zů berüffen, insonderheyt so er von frembden landen wider zů hoff kommen ist. Hab auch nit gedacht, ir anderst dann ich gegen dem jüngling gesinnet weren, weyß auch kein junckfraw in unserm gantzen zimmer, deren ich anderst dann mir selb des jünglings halben vertreuwt hab. Darumb, liebste junckfraw, wöllet selb betrachten, ob ich füglich ursach hab zů trawren oder nit!‹

Angliana von disen worten etwas schrecken empfieng, dieweil sie sorget, Florina würde sich iren entschlagen und ir in irer liebe nit mehr beholffen sein, dieweil ir unmüglich was irem allerliebsten jüngling etwas zů empieten on mittel der junckfrawen dienst; so dorfft sie auch keiner andren mer an dem hoff vertrawen. Derhalben sie dann gar früntlich mit Florina anfieng zů reden und sagt: ›Gehab dich wol und biß aller sorgen quit, du mein allergetreweste Florina! Dir soll kein übel noch arges nimmer darauß entston, dieweil noch kein mensch auff erdtrich dann allein du, ich und Lewfrid von semlicher liebe wissen tragen. So bin ich sonder zweifei, Lewfrid wirt solche liebe und treuwes versprechen, so ich im gethon, keinem menschen offenbaren. Des bin ich an dir vergwisset; unnd ob sich schon die sachen ymmer dohin tragen wurden, das mein vatter deren ding inen werden solt, wil ichs dannocht dohin spilen, so das du in kein weg darinn můst verdocht werden. Allein bit ich, wöllest dein treuw an mir nit brechen unnd mir zů aller zeit ein getrewe rahtgebin sein. Und biß gůter ongezweifleter hoffnung, das ich mit meiner gescheidigkeyt mein vatter dahin vermögen will, das er mir Lewfriden mit gůtem gunst unnd willen zů einem lieben gemahel geben soll.‹

›Das geb und schick gott,‹ sagt Florina, ›dann fürwar so[343] ein semlichs geschehen solt, möcht mir nit grösser freud zů handen gon. Damit aber, liebste junckfraw, ihr dest mer gesichert seyend vor den falschen klaffern unvermeldet bleiben, so müßt ir zůforderst niemans mehr vertrewen, er sey gleich auff erden, wer der wöll, damit wir nit vermeldet noch verdacht werden. Ir müßt auch Lewfriden mit allem fleiß darzů halten und weisen, so das er sich ewer liebe und gunst nit zů vil überheb, sonder sich wie allwegen gegen allem hoffgesind freundtlich halten und beweisen, damit er sich gar nit argwönisch mache. Jedoch sol er sein zůgang und bey, so er allweg in das frawenzimmer gehabt, nit minderen, sonder in altem brauch behalten; sonst würde er sich bald gegen den listigen klafferen verdechtig machen. Niemant anders solt ihr vertreuwen, botschafft an in zů werben, dann allein mir. Sodann solt ir gewiß sein, das ichs all mein tag nymmer offenbaren will.‹

Also machten die zwo junckfrawen einen satten anschlag, wobey es hinfürbaß bestohn solt.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 341-344.
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