62.

Wie der guaff den freiherrn mit ihm heymfůrt sampt seinem burgfogt, ritter Lewfrid sie beidsamen seiner liebsten junckfrawen übergeben thet, nach irem gefallen mit ihn zů leben.

[423] Als nun Lewfrid und der graff bedachten, das schloß, darauff sie waren, nit so gar fest sein, sorgten sie, die knecht, so wider zů land kommen weren, möchten sie verkundtschafften und das landfolck gemeinlich in ein tumult bewegen, das sie understůnden iren herren mit gewalt zů ledigen. Darumb[423] habend sie sich nit lang gesaumbt, haben die zween gefangnen gantz gewarsamlichen gefieret und wider heim geritten. Sobald sie nun zů hoff kommen sind, hat sich meniglich der gefangnen verwundert; dann sich niemans keines unfridens oder lermans hat versehen. Diß geschrey ist bald für Angliana kommen. Die hat sich nit lang gesaumet, ist sampt irem frawenzimmer zů irem vatter gangen. Sobald hat ritter Lewfrid seine beiden gefangnen seiner liebsten junckfrawen übergeben, ir dabey alle ursach irer gefencknuß zů wissen gethon. Darvon sich die junckfraw größlich verwunderet, hat damit die beiden gefangnen befohlen auffs sicherst zů verwaren, biß sie sich mit irem vatter und dem ritter gnůgsam underreden möcht. Also hat man sie in einer sonderen stuben mit gewapneten mannen verhůten lassen. Demnach in zweyen tagen sind auch die andren knecht kommen und sich gestelt, wie sie dann dem ritter in dem wald zůgesagt; die sind gleicher gestalt mit iren herren in gemelter stuben verhütet worden.

Als nun Angliana mit irem vatter und dem ritter zů raht gangen, habend sie die anderen diener für ledig erkant, dieweil sie alles, so sie gehandelt haben, auß befelch ires herren haben thůn müssen. Den burgfogt aber von wegen seiner trawworten haben sie bey seinem herren bleiben lassen und ihm, dem herren, ein rantzon auffgelegt, als namlich tausent ducaten. Deßgleich so hatt er sich müssen gegen dem graffen gar hoch verschreiben, ewigen bund und friden mit im zů haben, in gar kein weg wider in noch die seinen zů handlen dann gütlich und warzů er fůg und recht hab. Den burgfogt haben sie umb fünfftzig ducaten gerantzonet. Kurtzlich ist die rantzon erlegt worden; unnd hatt sich der landtherr inn keinen weg gesperret, damit er vor dem künig nit verklaget wurde, hat sich auch demnach so gantz früntlich gegen und an dem graffen gehalten, deßgleichen an ritter Leuwfriden, das sich deß nit gnůg zů verwunderen gewesen ist. Und als alles außgericht gewesen, ist er sampt seinem burgfogt wider zů hauß geritten, hatt im erst nachgedacht, wie unbillichen er dem ritter auffsetzig gewesen ist. Also ist diser unwillen auch zergangen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 423-424.
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