68.

Wie der kauffman sampt seinem weib zů Lewfriden kommen sind, und wie Walter die schön junckfraw zů eim weib nam.

[432] Der kauffman besann sich nicht lang, machet seine sachen auff ein ort, und was er von schulden nit einziehen kund, das befalh er einem seinem gůten vertrewten freund, dem er ein vollen gewalt zůstellet. Als er sich gantz wegvertig gemacht, nam er sein weib und fůr mit freuden darvon. Sie saumpten sich gar nit auff der strassen, kamen in gar kurtzen tagen zů ihrem liebsten son und zů Lewfriden. Ir zůkunfft bracht ihn allen gar grosse freud, unnd ward ein zeitlang gar grosse freud und kurtzweil zů hoff volnbracht mit allerley kurtzweil.

Bald darnach bracht Lewfrid die sach dahin, das Walter der schönen junckfrauwen vermehelt ward, yedoch mit willen ihrer beiden elteren. Dann der junckfrauwen vatter was fast arm und aber von gůtem adel; so was Walter nit so ein geltnarr, wie man deren vil findt; allein begert er einer frommen unnd züchtigen tochter, die was ihm nach seinem wunsch und willen von gott bescheret. Dann semliche wirt niemandt zů theil, sie werd ihm dann von gott dem herren bescheret, wie Salomon klerlich davon schreibet. Also was Waltern ein bescheret.

Die hochzeit ward mit grossem kosten gehalten; das alles aber richtet Leuwfrid aus. Als aber die hochzeit auch zerging, wie dann alle weltliche freud ein end nimpt, satzt Lewfrid den Walther auff ein schönes schloß, so gar ein grosses einkommens hatt; das gabe er im zů einem lehen. Sein herren aber, des Walthers vatter, behielt er an seinem hoff für seinen hoffmeister unnd geheimesten rhat; dann er ein seer weiser man was, darbey gantz gůtig und ein vatter der armen. Darumb[432] er Lewfriden alle zeit dahin weisen thet, das er seine underthanen nit hart beschweret. Darauß erfolget, das er von allem seinen landvolck gar in grossen ehren, lieb und werdt gehalten ward.

Gott wolt, man fund solcher räht vil an den fürsten-und herrenhöffen, welche dem armen völcklin so geneigt und günstig werend! Aber man findt leyder der suppenfresser und federklauber vil mehr, so die herren ihre armen schefflin underston zů schären, sind sie hie, stifften, schiren und schalten, damit man den armen die haut gar über die ohren abzieh. Aber semlichen rhatgeben wirt auch zů zeiten der lohn darumb, gleichwie dem Achithoffel worden ist. Dann als dem sein schandtlichen rhat nit gefolgt ward, hat er sich auß grossem neid selbs erhencket. Also ging es auch dem künig Roboam mit seinen tyrannischen rähten; die riehten ihm, das er sein volck mit dornen unnd scorpionen züchtigen, so sein vatter Salomon mit růten gezüchtiget hat. Was geschah ihm aber? Es kam dahin, das er umb den merern theil seines reichs kommen thet und ward mit seinem jungen raht zů spot und schanden. Also müß es allen tyrannischen rhatsgeben gelingen.

Ir hand gehört, in was gestalt und maß Lewfrid sein regiment anfing, auch das er sonder weisen and gůten rhat gar nichts handelt; derhalben ihm all seine handlungen glücklichen und wol hinaußgiengen. Sein vatter und můter hat er, wie obgemelt, in grossen ehren. Den armen leüten bewiß er vil gůts und theilet groß almůsen auß, wo er sahe, das es die notdurfft erhiesch. Was er in der gütigkeyt abschaffen kondt, do vermitt er mit allem fleiß zanck und hader. Zům weidwerck hat er sonderen grossen lust und begird, darzů im dann sein lew und prack wol dienet. Fridsam und gantz früntlich lebt Angliana und Lewfrid mit einander; die kinder, so in gott beschert, zugen sie in grosser gotsforcht auff.

Darumb inen zů beiden seiten, jungen und alten, groß glück und sald zůhanden ging, biß sie gott auß disem jamerthal zů der ewigen freud und seligkeyt berůfft; zů deren alle die kommen werden, so in dem willen gottes leben; den[433] wil er die ewig glory geben. Darzů helff uns got der vatter, gott der son und gott der heylig geyst. Amen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903.
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