28.

Wie Marina auff einem hangenden wagen gen hoff faret, und sie der hochmeister selb zůsamengab.

[92] Den andren tag des morgens frü verordnet der hochmeister, das sein fürnemstes hoffgesind zů hoff erschinen solt sampt ihren gemaheln. Die jung edel Marina ward von einer ehrlichen geselschafft auff einem wagen gen hoff gefieret, aldo von dem hochmeister dem Wilbaldo selb vermehelt. Demnach als auch der kirchgang geschehen was, blies man gar fürstlich zů hoff. Da hort man ein gethon von heerbaucken, busunnen und trommeten, davon die gantz statt erfüllet ward; aber wenig volck mocht wissen, was semlich freüd bedeutet. Darumb dann eins zů dem andren lieff, die ding zů erfaren. Also kam die mär bald auß; das ein redet gůts, das ander böß darzů; dann niemant lebt, er hat feind und frind.

Der imbyß ward mit grosser kostlicheit volbracht, nach dem ein schoner tantz angefangen von den züchtigen frawen. Als aber die dantzens müdt wurden, das doch selten geschicht, sind sie in ein schönen garten spatzieren gangen. Die jungen herren, so zů hoff waren, fingend an allerhand kurtzweil zů triben, einen schimpff unnd kurtzweil über den andren. Do spylt man das ballenspyl, dort stieß man den stein, an einem andren ort sach man gar ritterlichen fechten, ringen und springen. Die edlen jungen züchtigen frawen sangen ein reyen, aldo hört man manche süsse stimm ertonen. In dem garten stund ein schöner palast, in welchem vil schöner tisch gar reülich bedecket und mit kostlichem confect unnd lattwergen besetzet. In dem palast hort man die gantz musick; dann die cantores je eins umb das ander gon liessen, jetz mit instrumenten, darnach mit gesang.[92]

Marina die braut ward von dem hochmeister in den reichen palast gefürt. Sie sah an der wand ein schönes schochbret bret hangen: seine feldungen waren von edlen steinen außquartiert; das weiß solt sein, waren schöne durchsichtige geballierte cristallen, und was von schwartzen fierungen sein solt, das waren gar schone brune ammatisten. Die stein hiengen darbey in eim schönen ledlin, die waren mit grosser kunst unnd arbeit gemachet unnd von silber unnd gold underscheiden. Sobald Marina das spyl ersach, von grossen freüden erstarret sie daran. Deß nam der hochmeister war, fragt sie, ob ir das spyl kundtbar wer. Sie antwurt zůchtiglich: ›Allergnedigster herr, sovil einer armen frawen möglich ist zů begreiffen.‹ Zůhand nam er das bret und spyl von der wand, begert ein spyl mit ir zů ziehen, deß sie im mit züchten verwilliget.

Der hochmeister was in dem schochspyl so gefiert, das er sich den geschicktisten, so in gantzem Preüssen was, in gemeltem spyl schriben thet; semlich die holtselig und edel Marina gůt wissen trůg. Sie fiengen das spyl mit freüden an. Do ward kunstlich gezogen, die fraw was deß spyls gar sittig. Das nam der herr war und sagt: ›Marina, ich verstand an eüwerem ziehen, das ihr meiner stein unnd spyls verschonet; daran thůt ir mir ein kleinen gefallen. Ich gebüt euch, eüwer kunst, so besser ir kennend, zů brauchen. Dann es stallt gar übel, wann ein ritter eines fursten auff dem kampff-, renn- oder fechtplatz verschonet; noch minder ist zů loben, so ein fraw eines fursten ob dem spyl verschonet.‹

Von disen worten ward Marina gar behertzt und gedacht in ir selb: ›Ich wolt, es stünd ein gůte summa gelts darauff zů verlieren; wer dann am meisten kunst braucht, der solt sein gniessen.‹ Also fiengen sie das spyl erst recht an zů ziehen. Der herr zoch sein spyl auff das reübisch auß. Solches mercket die fraw, behielt ire stein in Ordnung, biß sie zeit bedaucht. Der herr raubt ir ein fenden. Das gibt sie gůtwillig nach, raubt im gleich darauff ein roch mit einem ritter und macht gleich den selben zug dem herren seinen künig schoch[93] und matt, des er sich gar nit zů ihr des spils versehen hat. Er sagt: ›Frauw, ihr habt mir ein künstlich schoch gebotten. Wolan, es můß diß speil etwas zů gewin ston, damit ihr eüwer kunst nit umbsunst außstreüwt.‹ Also satzten sie ein summa gold zů gewin. Die frauw brauchet allen fleyß, damit sie im obligen möcht, als dann auch geschah. Dann eh der herr sein stein halb zů feld brocht, ward er von ir schoch und matt.

Er bessert das gold mit einer grossen summa, begert das dritt spyl mit der frauwen zů ziehen. Des was sie willig. Als sie aber das auch gewan, do sagt der fürst: ›Fürwar, frauw, dis spils seind ihr ein rechte meisterin. Darumb gebürt eüch diß bret und stein baß dann mir. Nempt das gentzlich hin in eüwern gewalt! Ich můß bekennen, wiewol mir in langer zeit niemant obgelegen ist, so bin ich doch ein schlechter schůler gegen euch.‹

Die fraw die riche schenckung zů grossem danck annam. In dem kam die zeit des nachtmals; das ward in dem schönen garten und palast volbrocht in grossem freuden und wolust. Als aber das ein end nam und die duncklen wolcken jetzund auß dem mör steigen, hat sich jederman zů rhů unnd schlaff geschicket, urlub von dem hochmeister genummen, heim zů hauß gangen, die nacht mit freüden und süssem schlaff vertriben.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 92-94.
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