27.

Wie der heyrot beschlossen ward, unnd wie sich die wittfrauw so lang mit listen erweret, ihr aber doch gar nit ernst was.

[89] Die beiden gůten jungen herren fügten sich zů der schonen witfrauwen; sie funden sie in irem laden irer kauffmanschafft außwarten. Fridbert ging heinin, thet ir sein reverentz, deßgleich auch Felix. Die frauw stund auff, gieng gar züchtiglich den beyden jungen herren entgegen, empfieng sie mit züchtigen geberden; dann sie kandt sie beide wol, wußt aber nit, was geschefftes sie bey ir wolten außrichten.

Fridbert sagt: ›Edle ersame tugenthaffte fraw, wir beyde unsers allergnädigsten herren diener haben auß seiner hochheit befelch ein werbung an euch zů bringen, bitten euch demůtig, wöllend uns beyd lassen gůte botten sein und tugentlichen verhören.‹ Die frauw von disen worten etwas schrecken empfieng, gantz schamrot vor beiden herren ston thet. Derhalb ir schein noch mer erschein; dann sich ihre wengling mit roter farb gar artlich vermischten, wie dann semlichs die natur mit sunderem fleyß an ihr gewürcket hat. Sie sprach mit züchtigen worten: ›Erenwirdigen herren, wo semlichs ein ehrliche und zimliche werbung ist, will ich sie von meinem allergnädigsten herren gern vernemmen. Wa es aber meiner ehren einigen mackel bringen solt, bitt ich durch gott, wölt mich semlicher werbung erlassen.‹

Fridbert gütlich anfieng zů lachen unnd sagt: ›Edle züchtige frauw, das sey ferr von uns, das wir euch oder andren edlen züchtigen frauwen ein werbung fürbringen, so nit ehrlichen und recht wer.‹ Die fraw sprach: ›Ein sollich vertrauwen hab ich entlichen zů euch.‹ Semlichs geredt fürt sie[89] die beyde herren in einen schönen sal, so gleich neben dem laden was, der was mit köstlicher und schöner tappitzerey behencket. Sie befalh irem diener, das er ein trunck bringen solt, saß darnach zů den herrn nider, die werbung von inen zů vernemmen.

Fridbert von erst an erzalt die langen getrewen dienst, so Gottlieb, der alt ritter, an des hochmeisters hoff so fleißig volbracht het, also das der hochmeister sein alter und schwacheit angesehen und sein son an sein statt gesetzt, das derselbig hinfürbaß hoffmeister sein solt, den er dann anstatt seines vatters alzeit in gnaden erkennen wolt. Nun wer nit on, Wilbaldus het sich in seiner jugent gar übel gehalten, het aber auch darob die allerschwerest bůß empfangen. Erzalt ihr darbey den anfang, mittel und end, wie er erstlich von seinem vatter gelauffen, wes er sich im ellend het genietet, auch wie sie ihn in der statt Vladißlavia funden, was sie für kurtzweil daselbs und auff dem weg gehabt hetten, item wie fast er sich gegen seinem vatter gedemütiget, nachmals der obrister forstmeyster in dem gantzen land Preüssen worden unnd sich drey gantz jar an solchem dienst so ehrlich und wol gehalten, das in der hochmeister zů einem obristen hoffmeister des gantzen hoffs zů Preüssen gemacht het. Von desselben edlen Wilbaldi wegen ließ ir herr an sie werben, bett sie auch, im sein erste bit, dieweil die mit ehren wol geschehen möcht, nit zů versagen; das wolt er sie zů aller zeiten in höchsten gnaden erkennen.

Die güt fraw, so jetzund auff vier jar in wittwenstand gewesen unnd noch wol eines ehrlichen mans wert was, gieng ir auch nit gar nach irem sinn; dann sie hat niemans, so zů iren sachen lůgen wolt, was ir auch nit möglich als zů versorgen.

Wie dann die gůten lieben frewlin gemeinlich sagen: ›Ach gott, mir schawt niemans zů dem meinen. Ja, wer das nit, ich wolt mein lebtag wittfrauw bliben.‹ Das gerot zům offtermal, zů zeiten aber widersinns. Dann manche gůte liebe witfraw, wann man ir von einem gestanden man sagt, der vormals in der ehe gewesen, geben sie zů antwort: ›Ach got, er ist alt, so bin ich nit jung. Wer wolt uns dann beide[90] müßig gon erziehen! Ich můß ein haben, der arbeiten und wefern mach und mir und meinen kinden das best thůt. Sunst nodt mir nach keinem.‹ Alsdann nimpt sie ein feinen jungen fratzen, des můter sie joren halben wol sein möcht. Derselbig gibt ir gůte süsse wort, als werens mit zucker überzogen. Das wert so lang, bis er als irs gůts bericht empfangen, was sie von kleinoten, barschafft und anders mer hab. Bald sie ims endeckt hatt, werden auß den hönigsüßen worten versaltzne unnd allerbitterste entzian. Er focht an schlemmen, spielen und brassen; redt sie ihm drin, sie můß geschlagen sein; er spricht: ›Ich heiß Hans im hauß, do hindurch můß oder brechen.‹ Wolan genůg darvon! Wir kummen wider uff die materi.

Die gůt witfraw oben gemelt, Marina genant, het sich gern lang geweret; do was kein ernst dobei; dann sie hat Wilbaldum zům offternmal gesehen, der was ein schöner junger gerader kerle. Sie dancket zů allerfordrist dem hochmeister, demnach den beiden gůten herren ir erlichen werbung, demnoch sagt sie: ›Erwerdigen lieben herren, ich will eüch mein hertz und gemüt in einer summa entdecken. Dieweil min allergnedigster herr disem jungen herren sein gantzen hoff vertreüwet, wie kan ich mich dann seiner ehrlichen werbung widersetzen! Hatt Wilbaldus sein jungen tag in můtwillen verzert, ist im wol zů verzeihen, dieweil er davon gestanden. Ist vil weger, dann solt er jetzund erst das gůt verlassen und das böß an die handt nemmen. Darumb gebt meinem gnedigsten herren vollen gewalt, in meinem nammen zů handlen nach seinem gefallen! Ich wil mich in seiner gnaden schutz unnd schirm gar ergeben haben.‹

Von disen worten wurden beide jungen herren größlichen erfreüwet. Sie bedanckten sich zům höchsten gegen der frawen, namen freuntlich urlaub von ir, giengen den nechsten wider gen hoff, funden iren herren sampt Gottlieben unnd seinem son noch beynander. Denen sagten sie, was ir werbung geschafft, darvon sie zů allen teilen große freüd empfiengen. Zůhand schůff der hoch teütschmeister, das auff den nechstkunfftigen tag hantschlag unnd kirchgang geschehen solt. Söllichs ließ er der frawen auch verkünden, deß sie[91] dann gar wol zůfriden was. Also ward alle ding, so zů einem so schnellen hochzeit von nöten was, gantz rühlich versehen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 89-92.
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