8.

Wie Lottarius seinem vatter nit wenig gelt heymlich entrůg und mit Wilibaldo auß der statt lieff, kamen gen Preßla; von dannen schicket Wilibaldus seiner můter einen botten, die im ein grosse summa gelts schicket.

[28] In grossen ängsten waren die beyden jungen Wilibaldus und Lottarius; dann sie in aller statt schon beschreyt waren, sie hatten auch der zerung nit vil, damit sie sich hetten mögen ereussern. Lottarius sagt zů seinem gesellen: ›Biß getröst, Wilbalde; ich soll uns wol umb ein zerung umbsehen. Morgen ist wochenmarckt, so blibt mein vatter den gantzen tag in den fleischbencken, dergleich mein můter. Sodann lůg ich, wo weg in das hauß zů kummen funden werd. Gerat mir das, will ich mit lerer band gewiß nit heraußkummen. So mir dann mit wenig zerung versehen seind, wend wir uns an andre ort verfügen. Hey, sollend wir dienen und also gespannen ston, will uns baß bei den frembden dann in unsers vatters hauß gebüren.‹ Mit disen und mehr andren listigen worten bracht er den armen verwenten Wilibaldum in solchen verzweifleten wohn, das er meynt, es wer alles glatt geschliffen, vergaß der kintlichen trüw gegen seinen ältern, schlůg zůruck scham und forcht und underwarff sich willig allen lastern.

Lottarius fügt sich heymlich in seines vatters hauß, do er dann nach seiner gewonheit das geld wüßt zů finden. Lottarius nam davon einen gůten theil, fügt sich wider zů seinem gesellen Wilibaldo. Also machten sie nit lange mist, zugen heimlichen auß der statt Boßna ohn alles urlob. In gar kurtzen tagen kamen sie in die Schlesi gen Preßla, da dannen schreib Wilibaldus seiner můter umb gelt, welches sie ihm ein grosse summa zůschicket. Erst fiengend sie an recht lotterbůben zů werden, treiben alles das, so dem gelt weh und dem lieb wolthet, mit spilen, fressen, sauffen tag und nacht, des sich menigklich irer jugent verwundren můßt, wie sie es doch erzühen möchten. Sie lagen bei einem wirt, welchem wol mit solchen gesten was; unnd so dann Wilbald kein gelt mer hat, saß ihr wirt auff ein klepper, ritt gen Boßna zů deß ritters weib; die macht sich jederzeit gefaßt, domit[29] sie iren lieben son in seinem bůbenleben auffbawen und erhalten mocht. Das weret so lang, das dem gůten ritter anfieng an seiner narung abgon. Dorfft aber zů seinem weib nichs sagen; dann sie ihm under augen schlůg, sie verdeth doch nummen das ir.

Diß leben trieben die zwen gůten sön auff drei jar inn der statt Preßla. Also kam Lottarius hinder des wirts tochter, versprach ir die eh und macht sie schwanger. Sobald er sie aber schwanger vermarckt, forcht er den zorn irs vatters; darzů was er nie willes gewesen, ir sein versprechen zů halten. Er macht sein ordnung mit Wilbaldo, sie wolten iren wirt gen Boßna umb gelt schicken, demnach andre land und stett auch besehen. Des ihm Wilbaldus bewilliget. Also ward dem wirt die ordnung geben, gen Boßna zů reiten. Der richt sein geschefft wol auß, kam in kurtzen tagen wider, brocht gelts ein gůten teil. Die zwen gerhatwol kauffet jeder ein schonen klepper, rechneten mit irem wirt ab, bezalten im, was sie schuldig waren, verwönten in, sie wolten nur ein zeit lang umbriten spatzieren und bald widerkummen.

Der gůt schlecht bidermann verlor seine gest nit gern; dann sie waren ihm nützer gewesen dann drei melckkhů. Noch vil mehr trauret sein tochter; dann sie sorget, ir wird es gon, wie es dann geschach. Der bůb hat sie betrogen, betrog sie noch weiters mehr. Das alles was vatter und můter verborgen, biß über lang das die gůt tochter kinds gelag. Da hůb sich erst der betteltantz; dann niemant wußt, wohin die zwen hinkummen waren. In kurtz aber starb das kindt, davon die gůt můter nit sunders leyd empfieng, dieweil sie keinen vatter niergend erfaren kondt.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 28-30.
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