21.
Wie der künig den falschen ritter zů dem pappagey fůrt, der vogel gleich wie andre mal den ritter ansprach.

[242] Orwin gedacht in im selbs: ›Was mag doch news vorhanden sein, darumb der künig nach mir schicket?‹ Sich nit lang saumet, zů dem künig kam, der in zůhand bei seiner handt nam, auff den palast fůrt, da der pappagey hangen thett. Der vogel den ritter so bald nit erblicket, sein alt geschrey wider anhůb, des im der künig von hertzen genůg lachet. Der ritter, sich gleich wie andre mal schamhafft beweisen thet. Der künig zů im sprach: ›Warlich, ritter, mich kan nit gnůg verwundren, das dich die vogel also ansprechen unnd dir die liebe der junckfrawen also abkünden, die aber einem andren zůsprechen.‹ Der ritter Orwin dem künig antwort und sprach: ›Allergnädigster herr künig, das, so mir diser vogel anzeygt, ist mir nichts angelegen; dann er auß unwissenheyt semlicks thůt. Wiewol ich bekenn, das mich die junckfraw, so er mir nennt, in keinen gnaden auffnemen will, aber ob sye Reinharten lieb hat, mir verborgen ist.‹ Der künig, welchem des vogels red grosse freüd bracht, die sach also in einem schimpff auffnam.

Als nun Orwin hinweggangen was, meynt der künig, der vogel solt sich solcher wort mer gebrauchen, ein gůte zeit bei im stund, aber nichts mer von ihm vernemen mocht. Das ihnen zům theil argwenig machet; zůhandt nach dem, so des vogels gewonlich warten můst und im desgleichen sein speiß bracht, schicket. Alsbald er zů im kam, sprach der künig: Sag mir, hastu auch deßgleichen wort von dem pappagey vernummen? Im damit die obgemeldten wort anzeyget. ›Allergnädigster herr‹, sprach der vogler, ›so mir gott helff, ich der wort keins nye von im gehört hab.‹ Alsbald der künig das vernam, in ihm selb gedacht, die sach solt nit recht zůgon. ›Sag mir aber‹, sprach der künig, ›möchtest du auch den vogel[243] ettwas lernen reden, so du an in begeren thetest?‹ – ›Ja, gnädiger herr‹, sprach der diener, ›on zweyffel‹. Der künig sprach: ›Wie müst aber solchs zůwegen bracht werden?‹ Der diener sprach: ›Dem wolt ich also thůn. Ich wolt mich der wort alle zeit, so ich im die speiß geb, gebrauchen; die würde dann der vogel also von mir fassen und mich denmach sunderlich mit semlichen worten ansprechen.‹ – ›Das möcht also sein‹, sprach der künig; ›wolan, ich will den sachen recht thůn; dann ich will ye erkunden, von wem der vogel die wort gelert hab.‹

Nun wußt Rosamunda gantz nicht von dem handel. Als es nun was umb vesperzeit, ließ der künig sein volck zůsamen berüffen in den palast, außgenummen ritter Orwin, dem befahl er ettlich geschefft in der statt außzůrichten, damit er nit zů solcher berüffung erscheinen thett biß zů seiner zeit. Als nun das volk gar nach bei einander was, so dann gemeinlich zů hoff täglichen wonten, der künig zů dem jüngling Reinhart kam, in bei seiner handt nam, zů dem pappagey füret und thet das darumb, ob doch Reinhart an des vogels worten ein ursach were. Der pappagey sich aber deren keins hören ließ, sunder andre seine fantasyen, damit er täglich gewon was umbzůgon, für sich treiben thet.

Der künig erst mercklichen uff den ritter Orwin zweiffeln thet. Demnach ließ der künig sein schwester Philomena auch in den palast berüffen sampt irem frawenzimmer. Die junckfraw nit lang verzoch, mit iren junckfrawen züchtiglich gegangen kam, dem künig ir reverentz beweisen. Als in nun der künig dancket unnd sye auch mit freüden empfangen hat, hůb er an unnd sagt: ›Mein liebe schwester Philomena, nit verwunder dich ab dem, so ich nach dir geschicket hab! Dann es umb einer schimpfflichen ursach willen beschehen ist; dann unser vogel hie zůgegen deiner junckfrawen eine mit einem lieben bůlen versehen will. Nun laß ich mich aber beduncken, der vogel sey mit listen darzů gewenet. Das zů erfaren ich nach allem meinem hoffgesind hab geschicket, vernimb aber gegen keim, so der vogel solcher wort gebrauch, dann einem allein, der dann zůhandt auch kummen würt.‹

Der künig noch kaum außgeredet hat, der ritter Orwin[244] in den küniglichen palast kam. Alsbald nun der vogel sein ymmer wargenummen hat, fieng er an unnd sprach: ›Orwin, Rosamunda hat dich nit, sunder Reinharten lieb.‹ Das treib er lang und vil, wolt auch sunst kein ander wort nit reden. Nun bedarff nyemandts fragen, ob Rosamunda ab semlichen worten erschrocken sey oder nit; ich sprich aber, das sye dermaßen erschrack, das sye keinem lebendigen menschen mer gleich sah. Der künig des mit fleiß warnam, anhůb und sprach mit schimpfflichen worten: ›Junckfraw Rosamunda, ich sih wol, die zeit erfordert euch mit einem mann zů versehen. Dann so ewer vatter daran seümig ist, so wend euch doch die vögel in einem solchen bedencken.‹ In dem sich zů dem ritter Orwin keret, also sprach: ›Ritter, du solt wissen, das ich an deinem falschen anrichten kein gefallen nit hab. Dann ich wol verstand, der vogel also von dir gelert worden ist, das dann einem ritter nit seer wol zieret. Magst du dich sunst mit keinen andren an der junckfrawen rechen dann in disem stuck, so hettest du es auch wol mögen erlassen. Mir ist unverborgen, das dich Rosamunda nit hulden will; darumb ich ihr nit feind bin. So bedarffest du dich deiner ritterschafft nit überhaben unnd dich ettwas mer beduncken sein dann Reinhart. Unnd damit du aber sehest dir den jüngling an allen dingen gleich sein, so will ich in auff disen tag von wegen seiner tugendt zů ritter schlagen sampt seinem gsellen Gabriotto, dir auch darbey gesagt haben, wo ich semlichen auffsatz mer von dir vernimm, du solt an ehr und gůt gestrafft werden. Des wissz dich zů halten!‹

Der ritter von der red des künigs in grossen schrecken kam und wußt im auch gantz kein antwort darauff zů geben; dann er endtlich meynet, er der sach ein gantz vollkummen wissen trůg; darumb er dann also schamrot vor allem hoffgesind ston můst. Die junckfraw Rosamunda aber wol abnemen kundt, wavon ir die sach zůgericht was, in grossen freüden stund, das ihm der künig also über den kamm gefaren thet.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 242-245.
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