Dem ersamen, kunstliebhabenden Caspar Hanschelo, burger und des goldtschmidt-handtwercks zů Colmar, meinem lieben gevattern, zůvor.

[119] Lieber gevatter Caspar, die gůt früntschafft unnd brüderliche trew, so wir zůsamen gehabt, dieweil wir zů Colmar umb einander gewont haben, ist inn mir noch gar keins wegs aussgeloschen; binn gůter hoffnung, euwer gemüt habe sich gegen mir auch nit anderst verendert; dann uns die kurtzen meilen, so wir zůsamen haben, kein ynbruch machen sollen. Damit ir aber dannocht mein günstig und genaigt gemüt gegen euch in meinem abwesen spüren möchten, hab ich mich zů vil malen bedacht, durch was mittel unnd wäg ich mich gegen euch umb vilfaltige früntschafft, so mir von euch bewisen, erzeigen wolt, damit ich nit als ein grober undanckbarer vilfaltige gůtthaten unvergolten liess hinschleichen.

Ist mir eben gleich zů gedancken kummen, das ir vil lieber sün haben, so ihr zů dem loblichen unnd kunstlichen handtwerck des goldtschmidens abrichten; und dieweil nun diss handtwerck sunderlichen erhaischt, das die, so das anderst nach rechter art understehn zů lernen, sich gar weit in die land, königreich und provincien auff die wanderschafft begeben müssen, hab ich, sovil mir müglich, euch und eweren sünen diss büchlin also zů gefallen zůsamengelesen, inn welchem erstlichen gar kurtz gemelt würt, wie ein hart und beschwerlich ding es ist, ja ein herb und vil mer bitterer můss zů essen dann karpffengallen oder colloquint, so einer einen zenckischen ungetrewen nachbaurn umb sich leiden můss. Zům andern würt angezeigt, wie sich zů vil malen begeben thůt, das zwen gůter fründ unbekanter weiß zůsamenkumen und[119] früntschafft zůsamen sůchen, sind doch nit einer landsart, haben einander nie erkant und werden doch solche fründ mit einander, das ir fründtschafft nimermer ausgelest werden mag. Zům dritten würt ein feine gotselige hochzeit hierinn beschriben. Item, wie man die kinder, so sie anheben zů erwachsen, zůr ehr gottes sol aufferziehen, demnach zů handtwercken anfüren, und so man die wandren schicken wil, wie man in ein underricht geben sol, damit sie sich gegen herren und frawen, kind und gesind gebürlich wissen zů halten.

Ihr werdet auch sunderlich hierin vernemen von einem gůten und getrewen nachbauren, wie dapffer und mannlich er sich gegen seines nachbauren feinden gehalten hat, und wie im auch derselbig sein gůtthat und früntschafft so dapfer hinwiderumb vergolten; und das einem jungen zům fürnemlichsten warzůnemen ist, in sunderheit denen, so mit silber und gold, edlen gestainen oder in andren grossen händlen mit kostlichen wahren umbgond, werden sie gar fein hierinnen berichtet: erstlich, das sie sich böser geselschafft, so dem spiel, schlecken und den hüpschen frawen anhangen, entschlagen, sollen sie in irer herren heuser, gewölb oder gäden nit kummen lassen. Dann offt ein solcher böser vogel auff ungewischten bäncken findet, ehe dann das ander leut verlieren; dardurch dann offt mancher frumer junger verargwont würt des, so er im all seine tag nie in sein sinn nam; des ich euch wol ein frisch exempel sagen wolt. Zům letsten würt auch den jungen und alten fürgebildet, so einer geschäfft oder gewerb halben an fremde unerkante nationen zeucht, das im nit nutz ist seinem wirt oder anderen unbekanten sein handel, geschefft oder gewerb anzůzeigen, er habe dann dieselbigen gnügsam erfaren und erkennen lernen. Diser und derengleichen warnungen, so nit all gemeldet, werden in disem kleinen büchlin begriffen, welchs ich zůsamengelesen, sidhar ich von Colmar verruckt und gon Burckhaim gezogen bin.

Bit euch hiemit, lieber gevatter, wöllend diss also gůter fründtlicher mainung von mir auffnemen, wie ich das gůter meinung an tag kummen lassen; nit das wir unser freündtschafft damit erneweren wöllen (dann das soll gantz ferr von mir sein; dieweil unser freündtschafft noch nie veraltet, darff[120] sie auch keins ernewrens nit), sunder wöllend die mit disem büchlin bevöstigt haben. Erbeut mich hiemit in allem dem, so mir müglich ist, euch mein armen dienst allzeit zů beweisen; will also euch und die euweren got in seinen schirm befolhen haben.

Datum Burckhaim den andren januarii, nach unsers herren und säligmachers gebůrt tausent fünffhundert fünfftzig und sechs jar.


Ewer allzeit dienstwilliger

Georg Wickram

stattschreiber zů Burckhaim.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 119-121.
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