16.

Von einem schneider, dem sein frauw fladen für faden kaufft.

[22] Ein alter karger schneider hat ein schöne junge fraw, deren er zů keiner zeit ein schleck vergundt. Und auff ein zeit gab er ir gelt, sy solt faden kauffen; es war eben nach osteren, daß man die gůten warmen eyerfladen feil hat. Unnd als das gůt jung weib für die gůten neüwgebachnen fladen hingieng und sie iren also wol in die nasen ruchen, kam sy ein solcher grosser glust an, also daß sy ir nit kundt abbrechen, unnd kaufft umb das gelt fladen und trůg sy zů hauß. Der mann ward zornig und sagt: ›Ich hab dich geheissen faden kauffen.‹ Und flůcht ir übel. Die gůt fraw sprach: ›Ach mein lieber haußwirt, nit zürne so seer! Es laut fast gleich faden und fladen; ich habs fürwar überhört.‹ Der mann schweig still und ließ es also hingon unnd kaufft im selbs faden.

Es stůnd also an biß umb den herpst, daß der mann aber zů schaffen hat und gab seiner frawen gelt, sy solt im zwirn kauffen. Die frauw kam auff den marckt; da waren die schönsten biren feil, daß sy nit mocht fürgon und kaufft umb das gelt biren. Und als sy die heimbracht, ward der mann aber zornig unnd sprach: ›Ich hab dich nit geheissen biren, sunder zwirn kauffen.‹ Die frauw sprach: ›Lieber haußwirt, ich hab fürwar verstanden biren.‹ Der mann gedacht in im selbs: ›Zwirn birn, zwirn birn, es laut schier gleich‹, und ließ es aber also hingon.

Es stůnd an biß umb sant Martinstag, do schickt er das weib aber auß nätz kauffen. Die frauw gedacht: ›Du[22] hast dein mann zwey mal genärrt; was sich zweyet, das drittet sich gern‹, und kaufft ein ganß. Und do sy die ganß zů hauß bracht, verwundert sich der mann und sprach: ›Fraw, hab ich dich nit geheissen nätz kauffen?‹ Die fraw sprach: ›Ich habs fürwar überhört. Laut es nit fast gleich?‹ Der mann sprach: ›Nein, liebe haußfraw; ich můß dir die oren aufthůn, auff daß du nicht gar daub werdest.‹ Und erwüscht ein gůt schwär ellenmeß, schlůg es iren umb den kopff und sprach zů eim yeden streich ein wort: ›Faden, fladen, zwirn, birn, nätz, ganß‹ etc. unnd treib das so lang, biß daß die fraw mordio schruw und sagt: ›O hör auf, lieber mann! Die oren sind mir nunmer wol dünn worden; ich wil nümmen mißhören.‹ Also, was er ir darnach befalch zů kauffen, richt sy fleissig auß und ward nümmen irr in den nammen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 22-23.
Lizenz:
Kategorien: