47.

Von einem ungelerten pfaffen, der den kalender nit verstůnd.

[61] Ich můß noch einen pfaffen im land zů Lottringen beschriben, dieweil sichs eben also zůtreit. Es ligt ein dorff im[61] Luttringer land, mit nammen Langenwasen genant; darin hatt zů diser zeit auch ein hochgelerter pfaff gewonet, dem manglet gar nichts, dann das er nit wissen kund, wann es sambstag oder suntag was. Dann er sich gar nichts auff den kalender verstůnde; yedoch hatt er ein sunder gemerck auff die tag. Er was eines solchen sinnrichen verstands, das er nur von zůsehen hatt glernet die allerbesten besen machen, so man ankummen mocht. Er nam im für, allen montag fieng er an und macht einen besen, am zinstag aber einen, am mittwoch, dunstag, freitag und sambstag allen tag einen; und wann er dann der besem sechs zůsammen bracht, so kund er abnemmen, das den künftigen tag suntag sein můßt. Darumb gieng er allwegen an dem sambstag zůnacht zů seinem sigristen und befalh im, deß morgens zů der meß zů leüten.

Nun was ein schamparer baur zů Langenwasen, der wonet vil umb den pfaffen; derselbig fand den pfaffen einmal seine besen zalen auf solche weiß: den ersten besen nannt er montag, den andern zinstag, den dritten mittwoch, den vierdten donstag, den fünfften frytag; darnach sagt er: ›Morgen můß ich meinen kilchwart heissen leüten.‹ An semlichen worten kundt der baur wol abnemmen, das er sein gantze wuchenrechnung allein bey den besen hett. Auff ein mittwoch darnach kam gemelter baur aber in deß pfaffen hauß unnd fand in nit daheim, dann er was außgangen nach besenreysern. Der baur fand drey besen bey einandern in einem winckel ston; er nam eilends den einen und verbarg in hinder einer alten kisten.

Der gůt pfaff arbeit darnach, als er auß dem holtz kam, gantz fleyssig. Am freitag fieng er aber an seine besen zalen und fand deren nit mer dann vier. Er sagt zů im selbs: ›Wie bin ich doch so gar irr in meinen besamen worden! Nun hett ich mit eim ein wettung bestanden, es wer heüt freytag gwesen, so es doch erst donstag ist.‹ Also stůnd er am sambstag zů morgens wider auff und macht seinen freytag. Am suntag zů morgen macht er seinen sambstag.

Nun hatt der ander baur, so im den besen verborgen hatt, dem sigristen alle sachen geoffenbart. Und als die zeit kam, fiengen sy an, zůr meß zů lüten. Der pfaff meint, es[62] wer jemans gestorben, und lieff bald in die kirchen, fragt, waß daß für ein geleüt wer. ›Ich hab zů der meß geleüt,‹ sagt der sigrist, ›dann es ist heüt sun tag.‹ – ›Wie kan das müglich sein?‹ sagt der pfaff, ›es ist sambstag.‹ Also kamen sy hart zů streit beidesammen, das zůletst der pfaff den sigristen liegen hieß. Der sigrist, dem alle ding von dem andren bauren was angezeigt, stalt sich gar zornig und sagt: ›Herr pfarrherr, ir schelten mich einen lugner; deß müßt ir mich überweyssen, oder ich will gon gen Metz und will eüch vor dem bischoff verklagen.‹ Der pfaff sagt: ›Du schalck, so gang und bring noch einen andern mit dir in mein hauß! Da will ich dir gůte rechnung umb einen jetlichen tag geben.‹

Bald lieff der sigrist zů dem andern bauren, so im zůr sach geholffen, bracht in mit im in des pfaffen hauß. Der pfaff fieng an und zalt seine besen und kondt nit mer finden dann den freitag; der sambstag was noch nit gar aufgemacht. ›Sichstu,‹ sagt der pfaff, ›da stadt noch der sambstag und ist noch nit gar gebunden.‹ Der sigrist sagt: ›Was gond mich die besen an? Zeigen mir den kalender!‹ Der pfaff sagt: ›Ich acht mich keines kalenders; dann mir felen die tag nit an meiner arbeit.‹ Zůletst sůcht der sigrist hin und wider im hauß und findt den besem under der kisten, zeücht in herfür und sagt: ›Hie secht ir, herr pfarrer von Langenwasen, wölcher under mir und under eüch war gsagt hatt. Nun sind nur keins andren von mir warten, dann das ich den nechsten gen Metz ziehen, will eüch vor dem bischoff verklagen, der wirt eüch wissen den kalender zů leren.‹ Wem was engster dann dem gůten pfaffen? Er sorgt nit allein, das er umb sein pfrůnd kem, sunder forcht auch die gfencknus; darumb bat er den sigristen umb verzeihung, er wolt fürbaß den kalender lernen und nit mer auff sein besemmachen acht haben. Der ander baur, so den besem verborgen hatt, redt auch sein gůts darzů; also vertrůgen sy sich mit einandern. Unnd als die meß vollbracht ward, fürt sy der pfaff ins wirtshauß, zalt die ürten und lart fürbaß den kalender. Solch ungeschickte priester hand wir nit im teütschen land, es fel dann ettwann.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 61-63.
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