94.

Ein mönch wolt ein sattel heimlich und verborgen in das kloster tragen; den verraten die stegreiff.

[122] In einem kloster was ein grosser baumstarcker mönch, der hat ein zeit ein bulschafft überkumen, das was gar eine kleine person. Der gut frater het sie gern im kloster in seiner zellen ghabt, kund sie aber durch kein mittel noch weg hineinbringen; zu dem was im der portnar abginstig, wolt im derhalben nit durch die finger sehen, wie vileicht den andren brüdern. Der mönch erdacht im ein sondern list, wie er sie hineinbringen wolt. Er was procurator oder schaffner im kloster, darumb er dann mer freyheit hat, über die zeit auszubleiben, dann die andren.

Einsmals nam er sich abermalen gescheft an, kam gar spat heim, hat das gut diernlin auff den kirchhoff bscheiden, da solt sie sein an einem heimlichen ort warten. Er fand sie nach seinem befelch, erwütscht sie mit seiner sterck under einen arm, trug sie gantz leichtfertig under der kuten darvon, kam an die porten, schellet an. Der portnar lies in ein, fragt, was er under der kutten verborgen trüg. ›Ich mus morgen reiten‹; sagt der mönch, ›hat mir ein guter freund ein sattel geluhen; dann mein sattel ist mir zerbrochen.‹ Dem guten töchterlin giengen die füs under der kutten ein wenig herfür, daran hat sie zwey weissen schülin; sie aber meint sich gar wol verborgen haben. Der portner ersach die aber und sagt zu dem mönch: ›Herr, hebend die stegreiff ein wentzig bas auff! Sie werden euch sonst den sattel verraten.‹ Da das der mönch erhort, erschrack er fast übel; dann er sorgt, der portner wird in verraten, das man den sattel hinder im suchen und finden wird. Darumb er seinen guten sattel wider lauffen lies, bat den portner still zu schweigen; sein bit aber halff so vil, als sie mocht.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 122.
Lizenz:
Kategorien: