Fünfter Auftritt

[251] Karl aus dem Garten zu den vorigen.


LOTHAR.

Ah – seht, welch ein Besuch.

KARL geht auf Lothar zu.

Ich grüße Euch, mein kaiserlicher Bruder.

LOTHAR streckt ihm die Hand zum Kusse entgegen.

Ich grüß' dich, Karl – wie nun?[251]

KARL tritt zurück.

Dem Bruder brauch' ich nicht die Hand zu küssen!

LOTHAR.

O hört doch, wie die Mutter aus ihm spricht.

LUDWIG.

Er ist nicht schuld, daß er geboren wurde,

Quäle ihn nicht.

LOTHAR.

Die Augen aus dem Kopf

Lass' ich dir stechen! Sage, Bruder Karl,

Was meinst du zu der Kutte eines Mönchs?

KARL.

Ich will kein Mönch sein.

LOTHAR.

Überlege dir's.

Die Welt ist voll Gefahren. Schwerter gibt es,

Die sich verirren.


Er tritt auf ihn zu und blickt ihm in die Augen.


Denke, welch ein Schade,

Wenn sich in diese hellen jungen Augen

Stahlspitzen tauchten.

KARL weicht vor ihm zurück, ihn entsetzt anblickend.

O mein Bruder Ludwig –


Quelle:
Ernst von Wildenbruch: Gesammelte Werke. Band 7, Berlin 1911–1918, S. 251-252.
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Die Karolinger
Die Karolinger. Trauerspiel in vier Akten