[341] Kaiser Ludwig auf Diener gestützt, von links zu den vorigen.
KARL.
Fühlt sich mein gnäd'ger Herr und Vater besser?
LUDWIG.
Ja – denn zwei Stunden näher meinem Gott.
Die Luft ist dumpf und schwer in diesem Zelte,
Öffnet den Vorhang – o, der Mattigkeit! –
Läßt sich in einen Armsessel nieder, den Diener hereingetragen haben. Der Zeltvorhang wird aufgezogen.
Wie schön die Erde ist – und wie so häßlich
Die Menschen auf der Erde. – Seht, der Tag
Kommt wie ein heiliger Apostel Gottes,[341]
Sanft und voll Frieden; seine lichten Füße,
Sie werden waten durch der Menschen Blut,
Und wenn er schaudernd in die Nacht versinkt,
Dann wird das Angesicht des Gottgesandten
Unkenntlich sein durch Menschenfreveltat. –
Vier Söhne hatt' ich – Gott, ich danke dir,
Daß ihrer einer meinen Tod nicht wünscht!
KARL kniet neben ihm nieder, während Judith sich über die Lehne des Sessels beugt.
Nein teurer Vater, lebe! Laß mich nicht!
O, diese Stunde voller Schmerzen bricht
Die lang getragene Fessel kalter Sitte –
Du nicht mein Herr, nicht Kaiser, du mein Vater,
O, dies mein Herz, das sich an deines klammert,
Hält flehend dich in diesem Leben fest!
LUDWIG drückt Karl an sich, streckt Judith die Hand zu.
Judith, hab' Dank, daß du den Sohn mir schenktest.
JUDITH.
Danke mir nicht – o Ludwig – mein Gemahl!
LUDWIG.
Ja, Ihr verliert heut viel, Ihr, meine Teuren.
Der Mensch braucht Liebe, wie die Blume Licht,
Das Herz, das Euch geliebt, nehm' ich hinunter
Und lass' Euch einsam in feindsel'ger Welt.
Allmächt'ger, der du Berge rückst vom Ort,
Du kannst noch mehr, du läßt das Herz des Menschen
Den weiten Weg vom Bösen gehn zum Guten,
Gott rühre meiner ältern Söhne Herz!
Ein Hornruf hinter der Szene.
LUDWIG.
Horch – hörtet Ihr?
KARL steht auf.
Gott hörte deine Bitte,
Und Gott erfüllt sie![342]
LUDWIG.
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