Flackerseelchen

[171] Am offenen Fenster

Ein Flämmchen wacht,

Es flirrt und flackert

In wehender Nacht.


Ein Windstoß würgt es;

Da beugt es sich müd,

Als ob ein blaues

Blümchen verblüht.


Aus lischt sein Auge;

Ein letzter Strahl

Hinan zum heiligen

Sternensaal./


Arm Flackerseelchen,

Du Bettelkind,

Gern wärst du worden,

Was Sterne sind.


Mußt nun versprühen

In Nacht und Tod.

Jedoch getrost:

Der Lichtborn loht!
[172]

Dein Lichtborn droben,

Die glühenden Sonnen,

Dran heilige Sehnsucht

Dir ist entbronnen.


Und was du liebtest

In armer Zeit,

Dein Reichtum ist es

In Ewigkeit.


Der Sternenliebe

Ergib dich ganz!

So wirst du selber

Zu Sternenglanz.

Quelle:
Bruno Wille: Der heilige Hain. Jena 1908, S. 171-173.
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