Traum von heimlicher Hochzeit

[18] So heimlich süß war unsre Hochzeitsfeier:

Wir lagen dicht

Beisammen, überwallt von einem Schleier;

Man sah uns nicht.


Wir hörten, wie die Leute nach uns fragten

Im gleichen Raum.

Wir unterm Flore blieben reglos, wagten

Zu atmen kaum.


Nur unsre Hände durften sacht sich drücken,

Wie küssend fand

Sich Hauch zu Hauch, mein Knie war mit Entzücken

An deins gebannt.


Mein glühend Auge, das im Dunkeln schaute,

Versank in deins;

Ich war in dir, du warst in mir, uns traute

Die heilige Eins.


Wohlan, was Edens Glut zusammenglühte,

Trennt keine Welt.

Hinweg denn, Angst, da uns die Hand der Güte

Geborgen hält.
[19]

Wir ruhn verhüllt; zum Baldachin, zum Himmel

Ward unser Flor.

Uns singt von Flügelköpfchen ein Gewimmel

Den Minnechor.

Quelle:
Bruno Wille: Der heilige Hain. Jena 1908, S. 18-20.
Lizenz:
Kategorien: