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Andächtiges Gebeth zu Gott

[38] aus den Sprüchen Sal. am 30ten Cap. v. 7.

Zweyerley bitte ich von dir, die wollest du mir nicht wegern, ehe denn ich sterbe.

Mein Vater! zwar du wilst, wir sollen von dir bitten,

Und du wilst uns mit Gnad und Seegen überschütten.[38]

Doch aber forderst du, daß man sich nach dir richt,

Und: Vater! so du wilst, mit Herz und Munde spricht.

Wir sollen nur allein auf deinen Willen denken,

Und unsre Herzen nur nach Himmels-Gütern lenken.

So macht' es Salomo, Herr! da er vor dich trat,

Und nicht um Ehr und Gold; nein! nur um Weisheit bath.

Er wußte wohl, daß Gold und Ehre irdisch wären,

Drum wolte er sein Herz nur nach dem Himmel kehren.

Dieweil er also bath, so ward er auch erhört,

Und Gott hat ihm weit mehr, als er begehrt, beschert.

Drum wohl derselben Seel, die so zum Himmel schreyet,

Worüber sich der Geist, der Sohn und Vater freuet.

So wird sie zweyfach mehr Gnad, Huld und Gaben sehn,

Als diese, deren Wunsch auf eitle Dinge gehn.

Herr! deiner Majestät werf ich mich jetzt zu Füssen,

Und will dich als ein Kind verehren und begrüssen.

Gott! Herr! und Vater hör! laß deine Gnad nicht ruhn,

Zwey Bitten will ich jetzt im Glauben zu dir thun.

Zwey Bitten, sage ich, die erste ohn Bedingen,

Die andre wird mir auch, ich weis, Erhörung bringen.

Zum ersten bitte ich, um einen frommen Geist,

Und um dasjenige, was mehr als irdisch heist.

Denn worzu nützten mir die Schätze dieser Erden,

Wenn ich nicht reich in Gott und selig könte werden.

Mein Gott! behüte mich vor Sünd und Missethat,[39]

Und hab ich auch gefehlt; so blick aus lauter Gnad

Mich wie dort Petrum an, damit ich in mich gehe,

Und unter deinem Kreuz mit Buß und Glauben stehe,

Alsdenn so wasche mich Herr! durch dein rothes Blut,

Und mach mein Schulden-Buch durch deine Tropfen gut.

Laß meine Busse nicht aus Furcht der Höllen-Flammen,

Des Zorns und Schwefel-Phuls und von der Strafe stammen;

Nein! darum laß mein Herz betrübt und traurig seyn;

Nur darum nehme mich ein herber Kummer ein,

Daß ich dich meinen Gott und Vater vor die Liebe

Die du mir stets erzeigst, so oft und sehr betrübe:

Daß ich dich Gottes Sohn, der du am Kreuze starbst,

Und mir aus grosser Lieb das Himmelreich erwarbst,

Aufs neu gekreuziget, aufs neue wund geschlagen.

Daß ich dich werthen Geist, der mich in Angst und Zagen

Mit seinem Einspruch labt, aus meiner Brust verjagt:

Nur darum gieb mein Gott! daß sich mein Geist beklagt.

Es sey dein Marter-Tod nur nicht an mir verlohren;

Und da ich deiner Fahn, Herr Jesu Christ, geschworen;

So gieb, daß ich darbey auch als ein Held besteh,

Und nur allein auf dich in meinem Wandel seh.

Erfülle du mein Herz mit deinem heilgen Triebe,[40]

Geuß, Jesu, in mir aus die Ströme deiner Liebe.

Ach! sey du nur allein die Freude meiner Brust,

Mein Freund, Trost, Ehr und Ruhm, Vergnügen, Reichthum, Lust.

Laß mir nichts irdisches in meine Augen fallen,

Und mache mir die Welt und ihre Lust zur Gallen.

Nur Jesu, dein Verdienst, dein Kreutz und Todes-Pein,

Dein Blut und Nägelmaal laß meine Freude seyn.

Laß dein vergoßnes Blut stets auf mein Herze spritzen,

Die Festung meiner Seel sey deiner Wunden Ritzen,

Darinn beschütze mich vor Satans List und Macht,

Und habe, treuer Hirt, stets auf dein Schäflein acht.

Laß mich dir stets zu Fuß wie Magdalena liegen,

Und mich an deinem Wort ergötzen und vergnügen.

Nimm alles von mir hin, was nach der Erde schmeckt,

Und was nicht deine Lieb in meinem Geist erweckt.

Laß meines Glaubens Licht, mein Heyland, auf der Erden,

Zu einen hellen Brand und starker Flamme werden.

Mach die Vernunft, so stets den Glauben wiederspricht,

O Herr, zu Schand und Spott, auf daß ich als im Licht,

Und in Gerechtigkeit vor dir auf Erden lebe,

Und dir mein ganzes Herz zu eigen übergebe.

Setzt mir der Sattan zu; so mache du mich fest,

Und gieb, daß sich mein Glaub allein auf dich verläßt.

Laß mich dadurch, mein Gott! der Feinde Macht bezwingen,

Durch Sünde, Noth und Tod nach Art der Helden dringen.[41]

Belegst du mich mit Kreuz, Angst, Ungemach und Hohn;

So gieb mir auch darbey, O Jesu Gottes Sohn!

Des Glaubens Freudigkeit, und laß mich nicht verzagen.

Laß mich gedenken, Herr! du wurdest selbst geschlagen.

Du wardst gedruckt, verhöhnt, verfolgt, mit Schmach belegt,

Und Gottes grosser Zorn selbst wieder dich erregt;

So, daß ein Engel dich im Garten muste stärken.

Am Kreuze ließt du auch sehr grosse Klagen merken,

Du riefest: Ach mein Gott! ach! wie verläßt du mich!

Giengs nun dem Meister so; wie mag der Jünger sich

In seinem Ungemach gederben und beklagen?

Er muß, als wie sein Herr die Last des Kreutzes tragen,

Sonst kan er warlich nicht sein Knecht und Jünger seyn.

Herr! schenke mir in Angst auch deinen Trost-Kelch ein,

Und stärke meine Seel, damit sie Herr im Stillen

Erwarte, wenn du wilst das Wort der Hülf erfüllen.

Und solte sich die Hülf verzögern und verziehn;

So laß die Hoffnung doch beständig in mir blühn,

Daß ich nach kurzer Zeit mein Ungemach verliehre,

Und nach vollbrachtem Lauf im Himmel triumphire.

Das Angedenk der Lust, die ich in Ewigkeit

Bey dir geniessen soll, versüß mir alles Leid,

Drum laß die kurze Pein mich still und willig leiden;

Denn ich vertausche doch mit ihr die Himmels-Freuden.[42]

Gieb, daß ich meinen Feind, er sey auch wer er sey,

Und wär er noch so stark, von Herzen gern verzeih.

Verhöhnet mich der Feind, so gieb mir Sauls Gedanken,

Und Ohren, so verbleibt mein Fuß in deinen Schranken.

Saul that, als hörte er die Läster-Worte nicht.

Drum, wo ichs hören muß, so gieb, mein Seelen-Licht!

Daß ich mit David sag: Laßt Simei nur gehen,

Vielleicht heists ihm der Herr, sonst wär es nicht geschehen.

Wir sind in Gottes Hand, es steht dem Höchsten frey;

Er ist berechtiget, mit was vor mancherley,

Kreutz, Noth und Ungemach, Verfolgung, Schmach und Schlägen,

Er uns als sein Geschöpf, will züchtgen und belegen.

Laß mich mit Stephano auch untern Steinen schreyn:

Du wollest ihnen, Herr! auch diese Sünd verzeyhn.

Laß nimmer eine Rach' in meiner Brust entstehen,

Und laß mich nur allein auf dein Exempel sehen.

Vertilg in mir den Zorn, und wenn er sich erregt;

So werde mir dein Bild gleich in das Herz geprägt:

Und laß mich alsobald das Vater unser beten,

So weiß ich, Gottes Zorn wird mich nicht untertreten.

Leg mir die Demuth bey, daß ich mich alle dem,

Was mir der Herr verehrt, entzieh und heftig schäm,

Und sage; Herr mein Gott! ich bin ja zu geringe

Der Wohlthat, die du thust, und deiner Wunder-Dinge.[43]

Die Demuth nehme mich auch gegen Größre ein,

Und gegen Kleinere laß mich bescheiden seyn.

Laß mich so wohl bey den, die meines gleichen heisen,

Wie auch an Niedrigern der Höflichkeit befleisen.

Behülflich-Freundlichkeit und andre Gaben mehr,

Pflanz in mir, o mein Gott! zu deines Nahmens Ehr.

Laß mich barmherzig seyn; wo möglich, selbst durch Thaten,

Zu meines Nächsten Nutz; wo nicht, so seys durch Rathen.

Gieb, daß ich meine Hand nicht von den Armen kehr,

Nein! sondern auch damit die Dürftigen ernehr.

Und dieses ingeheim, daß eine Hand nicht sehe,

Was jene andre thut. (Dem Hochmuth widerstehe!)

Laß mich mit jederman in Fried und Eintracht ruhn,

Und Freund und Feinden nichts mit Fleiß zuwider thun.

Laß mich mit Speiß und Trank niemahlen übernehmen,

Damit ich mich geschickt zum Bethen kan bequemen.

In Keuschheit kleide mich, mein keuscher Jesu! ein,

Und laß kein faul Geschwätz in meinem Munde seyn.

Laß mich an deinem Mund, mein Schatz, Herr Jesu! hangen,

Sucht mich die eitle Welt durch ihre Lust zu fangen,

Und legt mir ihren Tand und Eitelkeiten für;

So gieb, daß ich mein Aug, mein Seelen-Freund! zu dir

Erhebe, und beschau, wie du für mich, aus Liebe

Dich schlagen, martern ließt, und unter Mördern, Diebe,

Ans Creuz geheftet warst. Fällt mir was Arges ein;

So laß mich allezeit an deine Todes-Pein,[44]

An deinen Geisel-Phal, und Dornen-Kron gedenken,

Und wie du dich mit Gall und Eßig liesest tränken;

So wird mir alle Lust der Welt zur Qual und Pein,

Und ich werd nur in dich, Herr Christ! verliebet seyn.

Laß mich das Irdische und diese Welt verachten,

Und deine Lieblichkeit und Herrlichkeit betrachten.

Zieh mich, Herr Jesu Christ! von aller Eitelkeit,

Von aller Creatur, und was die Welt erfreut,

Ganz ab, und laß mich nichts, als dich mein Heyland! lieben,

So kan mich weder Welt, noch Sünd und Tod betrüben.

Gieb, daß ich niemands Glück und Kunst beneiden mag,

Auch über niemands Fall und Unglück, Noth und Plag

Mich irgends freuen mag. Laß mich darbey gedenken,

Gott kan mich eben auch auf solche Weise kränken.

Laß meine Freudigkeit und Lust darinn bestehn,

Dein Lob mit Herz und Mund, o Jesu! zu erhöhn.

Mein Ruhm und Ehre sey, daß ich den Vater kenne,

Und daß ich mich sein Kind und seine Freundin nenne.

Mein Reichthum sey Gebeth, Glaub, Hoffnung, Lieb, Gedult,

Die Freude in dem Herrn, und seine Gnad und Huld.

Mein Witz sey, daß ich dich, und deine Werk erwege,

Und meines Jesus Tod und Striemen überlege.

Mein Schmuck sey nur der Rock, den mir dein Sohn erwarb,

Da er vor mich am Kreuz mit grossen Schmerzen starb:[45]

Damit bekleide mich; mit diesem laß mich prangen;

Ey! so verlache ich Gold, Perlen, Sammt und Spangen.

Laß mich auf kein Geschöpf, in Angst, Gefahr und Grau'n;

Nein, sondern nur auf dich und deine Worte bau'n.

In Glück und Wohlergehn, laß mich nicht stolz geberden;

Im Unglück laß mich auch nicht blöd und zaghaft werden.

Gieb, daß ich stets dein Wort mit Andacht les und hör,

Und dieses nur allein als meinen Schatz verehr.

Laß mich den Sabbath-Tag mit Bethen, Loben, Singen,

Und stiller Seelen Ruh, und wie du wilst, vollbringen.

Den Umgang mit der Welt und Sündern laß mich fliehn,

Und mich nur in der Still um das Gebeth bemühn.

Laß mich kein Aergerniß dem Nächsten in dem Leben,

Durch Mienen, Werk und Wort noch durch die Kleider geben.

Und so mein Neben-Christ aus einem schwachen Muth

Vom Fall ereilet wird, und einen Fehltritt thut,

Es sey worinn es will; so laß mich ja nicht sagen;

Daß ich gerechter sey, und könt die Sünd verjagen.

Nein! führ mir zu Gemüth, daß ich auch gleichen Sinn

Mit auf die Welt gebracht, und auch ein Sünder bin.

Und daß, wenn mich der Herr in dieser Sünden-Bürde,[46]

Nicht gnädig führete, ich gleichfals gleiten würde.

Drum laß mich den, der sinkt, nicht schänden, lästern, schmähn;

Vielmehr mit Traurigkeit und Liebe auf ihn sehn,

Und bitten, daß ihn Gott zu rechte wieder bringe,

Und daß des Satans List niemahls bey mir gelinge.

Laß mich vor jedermann Gebeth und Vorbitt thun.

Auch niemahls in der Welt erwachen oder ruhn,

Ich habe denn zuvor die Sterbe-Stund betrachtet.

Wenn Noth und Trübsaal da, so, daß die Seele schmachtet,

Und sich nach Rettung sehnt: Und sie doch nicht bald käm,

So gieb nicht, daß ich sag: O! daß der Tod mich nähm,

Und legte mich ins Grab! so wär mein Leiden alle.

Nein! sondern, wenn du mir die Welt zu Gift und Galle

Und Abscheu hast gemacht: so gib, daß meine Seel

Sich nach dem Tode sehnt, du Fürst aus Israel!

Ach! laß mich nur den Tod nur bloß darum verlangen,

Damit ich bald bey dir in Kronen möge prangen.

Nimm nach vollbrachtem Kampf, an meinem letzten End

Mein Vater! meine Seel in deine Gnaden-Händ.

Die andre Bitte ist: Blick Vater auf mich nieder,

Und stärke meinen Leib; gib mir gesunde Glieder.

Was hülf mir alles Guth, Ehr und Gemächlichkeit,

Glück, Jugend, und was sonst des Menschen Herz erfreut;

Wenn mich Gebrechlichkeit und schwere Krankheits-Bürde

Ergriff und überfiel, und mich beschweren würde?[47]

Erhalte mich mein Gott! bey guter Leibes-Stärk,

Daß ich an jedem Tag mein Amt, Beruf und Werk

Mit Freudigkeit vollzieh. Erhalt, wie ich gebohren,

Händ, Augen, Zung und Mund, Verstand und Fuß und Ohren,

Damit ich dich damit verehren, loben kan.

Herr! siehe mein Gebeth mit gnädgen Augen an.