Entworfene Ode über den 118. Psalm

[143] An dem Geburts-Tage Ihro Gnaden, den regierenden Herzogin zu Sachsen Weimar Frau Oberhofmeisterin.


Mel. Auf, auf mein Herz mit Freuden.


Frisch auf mein Herz! und preise

Dem Herren deinen Gott.

Rühm nach der Engel Weise

Dem grossen Zebaoth.

Dank ihn zu dieser Zeit

Vor seine Freundlichkeit,

Denn seine Güt und Treu

Steht dir auf ewig bey.


Rühm Gottes Wunder Güte

Mit Jacobs Fürsten-Haus.

Der Priesterschaft Gemüthe,

Breitt seine Liebe aus.

Der Hausstand, der ihn liebt,

Ihn Preiß und Ehre giebt.

Denn seine Güt und Macht

Erfreut uns Tag und Nacht.


Auf Gott kanst du vertrauen,

Er hilft, vergiebt, erlößt.

In Angst, Gefahr und Grauen

Wirst du von ihm getröst.

Ich rief in meiner Noth

Zu meinem Herrn und Gott,

Und er erhörte mich,

Und half mir gnädiglich
[143]

Umsonst jagt mir der Wille

Und Sattan schrecken ein,

Ich bin im Herren stille,

Denn er will bey mir seyn.

Ich fürchte mich nicht hier,

Denn mein Gott ist mit mir;

Ist dieser nur mein Freund;

So schadet mir kein Feind.


Von ihm will ich nicht lassen,

Denn er rüst sich mit Macht,

Mich hülfreich zu umfassen,

Sein Auge mich bewacht;

So, daß ich werde sehn

Die Feinde untergehn.

Er hemmt der Bösen Lauf;

Und hilft den Frommen auf.


O! was vor ein Vergnügen

Empfindet doch der Geist,

Der Gott in Kampf und Kriegen

Mit Glauben Vater heist.

Auf Gott verläßt sichs gut,

Der stärket Seel und Blut.

Was ist der Menschen-Gunst?

Ein Schatten, Rauch und Dunst.


Nicht reißt mich vom Vertrauen

Des Allerhöchsten loß.

Mein Herz soll auf ihn bauen:

Mein Kreuz sey noch so groß.

Er ist nicht wie ein Mann,

Der sich verändern kan.

Er bleibt, nach seinem Wort

Mein Helfer Schutz und Hort.
[144]

Herr! hilf mir vom Verderben,

Der Feind umringet mich.

Getrost! ich soll nicht sterben,

Gott hilft mir mächtiglich,

Mit meinem Herrn und Gott

Mach ich den Feind zu Spott:

Mit seines Namens Macht,

Wird er zurück gebracht.


O Seele! deine Feinde

Die krümmen dir kein Haar,

Denn du hast Gott zum Freunde,

Der reißt dich aus Gefahr.

Der Herr von Israel

Schützt Leben, Leib und Seel.

Der Herr ist meine Macht,

Mein Heil und starke Wacht.


Herr! deinen heilgen Namen

Gehöret Preiß und Ruhm.

Dich lobet Jacobs Saamen,

In deinem Heiligthum.

Dein Recht ist in dem Land

So wie sein Sieg bekant.

Du wirfst den Deinen Ruh,

Gnad, Kraft und Seegen zu.


Erhört ist meine Seele,

Sie lebt, und stirbet nicht,

Damit ich laut erzehle,

Wie mir so wohl geschicht.

Der Höchste züchtget mich;

Jedoch nicht zorniglich.

Er hört doch mein Geschrey,

Und macht mich wieder frey.
[145]

Nimm meine Freuden-Lieder

In deinen Tempel an.

Hier fall ich kniend nieder,

Und rühm dich, wie ich kan.

Hier danket dir mein Mund,

Vor deinen Gnaden-Bund.

Hier lobt dich mein Gemüth,

Vor alle deine Güt.


Du hast mich zwar geschlagen,

Und schmerzlich heimgesucht;

Doch was sind deine Plagen?

Nur eine Vaters-Zucht.

Du suchest durch mein Leid

Nur meine Seeligkeit.

Die Welt vergallst du mir

Durch dieß, drum dank ich dir.


O Seele! denk an diesen,

Der unser Eckstein ist;

Der vor dich muste büssen;

Der dir den Tod versüßt.

Dieß ist vom Herrn geschehn,

Der will uns nicht verschmähn.

Dieß grosse Wunderwerk

Ist meiner Seelen Stärk.


Reiß mich von eitlen Dingen,

Du Herr mein Schöpfer, ab.

Hilf mir den Tag besingen,

Der mir das Leben gab.

Herr! laß mich jetzt allein

Nur in dir frölich seyn,

Weil du mich aus der Nacht

Aus Licht der Welt gebracht.
[146]

Frisch auf! vor Gott zu treten!

Sing ihm ein Ehren-Lied.

Herr! hilf mir feurig bethen,

Damit mein Seegen blüht.

Dein Name sey gepreist,

Der mir viel Gnad erweist.

Herr! steh mit deiner Treu

Mir ferner kräftig bey.


Quelle:
Sidonia Hedwig Zäunemann: Poetische Rosen in Knospen, Erfurt 1738, S. 143-147.
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