Auf das Leich-Begängniß des Hochwohlgebohrnen Herrn von Kreutzburg, Erb- und Gerichts-Herrn zu Bischoffroda und Berg vorm Heynich, auch Fürstlich Sachs. Eisenachis. Cammer-Junkers und Capitains

[188] Den 6. Hornung 1737.


In fremden Namen.


Ode


Soll ich leben? Nein! ich sterbe:

Denn mein Leben ist erblaßt.

Wenn ich in der Gruft verderbe,

Schwindet auch des Creuzes Last.

Eile nur beklemmte Seele!

Säume nicht und fleuch von hier!

Reiß dich aus der Marter-Höhle!

Mein Gemahl verlangt nach mir.


Ich erblick ihn schon von ferne

In der schönsten Herrlichkeit.

Seine Pracht beschämt die Sterne.

Welch ein grosser Unterscheid!

Was verzieh ich noch auf Erden?

Laßt mich eilen! denn mich dünckt,

Daß er, um Ihm gleich zu werden,

Mir gar oft entgegen winkt.


Aber ach! des Höchsten Wille

Spricht zu meinen Wünschen nein!

Ich erkenn es in der Stille,

Und muß ihm gehorsam seyn.

Meine Seufzer, meine Zähren

Flehen ihn vergebens an.

Ach! er will mir nicht gewehren,

Das ich alsbald sterben kan.
[188]

Doch was red ich? Dein Beginnen

Ist, o Höchster! ganz gerecht.

Noth und Jammer hat die Sinnen

Und auch die Vernunft geschwächt.

Drum verzeihe meinem Pochen!

Ach! vergieb der Ungedult!

Laß dieß Murren ungerochen!

Ich erkenne meine Schuld.


Auch die allerhöchsten Seelen

Wanken bey der Unglücks-Last.

Und ein allzu herbes Quälen,

Macht das Leben selbst verhaßt.

Aller Muth fängt an zu scheiden;

Die Verzweiflung stellt sich ein.

Wo kan wohl bey solchem Leiden

Der Verstand ein Meister seyn?


Solt der Mund nicht kläglich singen,

Da das Herz im Blute schwimmt,

Und ein stetes Hände-Ringen

Mir fast alle Kraft benimmt?

Soll das Auge freundlich lachen,

Da der Geist den Kummer fühlt,

Und des Donners Blitz und Krachen

Jetzt auf meine Scheitel zieht?


Seht! wie Händ und Füsse zittern,

Wie das Blut die Adern blöht,

Und durch häufiges Erschüttern

Seine Wirbel ängstlich dreht.

Schaut nur auf die milden Thränen,

Die das Auge fallen läst,

O! so könnt ihr leicht erwehnen,

Was mich vor ein Unglück preßt.
[189]

Ach! wie wird mein treues Herze

Auf die Folter-Bank gelegt!

Ich erblasse vor dem Schmerze,

Der den Tod schon bey sich trägt.

Aller Trost ist jetzt vergebens,

Weil der Himmel sich umzieht,

Und die Sonne meines Lebens

Vor dem Unglücks-Nebel flieht.


Kan wohl auf der ganzen Erden,

(Denk ich nur an unsre Treu,)

Solch ein Schmerz gefunden werden,

Der dem meinen ähnlich sey?

Mein Gemahl will mich stets lieben,

Und das Schicksaal wiedersteht;

Dieses ist ein solch Betrüben,

Das durch Mark und Adern geht.


Soll ihn schon die Gruft verschliessen?

Ach! mehr als zu kurze Zeit!

Drey Jahr kunt ich kaum geniessen

Seine Treu und Zärtlichkeit.

Ja der Tag, der uns verbunden,

Wird, ach! daß ichs sagen mag!

(O betrübte Trauer-Stunden!)

Endlich sein Begräbniß Tag.


Niemahls werd ich Dein vergessen,

Treue Seele! gute Nacht!

Ich verehre unterdessen

Gottes unumschränkte Macht.

Du verläßt dieß Welt-Getümmel;

O wer weiß, was Gott gedenkt;

Ob er mir nicht bald im Himmel

Dich mein Leben! wieder schenkt.
[190]

Quelle:
Sidonia Hedwig Zäunemann: Poetische Rosen in Knospen, Erfurt 1738, S. 188-191.
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