Auf die Reden einer sechzigjährigen Mannes-Person, welche öfters zu sagen pflegt: Meine alte Mutter mag immerhin noch lange leben, denn sie erbett mir lauter Seegen

[601] Uber die Worte Hiobs am I Cap. der 4 und 5 Vers.


Verlebtes Weib! um deines werthen Sohnes Willen,

Darfst du noch nicht die Erde füllen.

Er weiß es und bekennt es frey,

Daß dein Gebet ihm nöthig sey

Und weil er dich und seine Schwestern liebt,

Und ihnen manches mahl zu ihrem Labsaal giebt:

Ja, daß es ihnen ja an Nothdurft nicht gebricht,

So freyt er nicht;

Ob er gleich sonst in Liebes-Orden

Ein Weltbekantes Mitglied worden.

O Weib! Du thust sehr wohl daran,

Du nimmst dich seiner Seele an;[601]

Recht so! daß du mir Hiob bist,

Und vor dem lieben Sohn zu beten nicht vergißt.

Auf! du must täglich vor ihn beten.

Er hat gewiß das Sechste heilige Geboth,

Das Fünfte mit, und auch das Achte übertreten.

Geh! bringe täglich deine Opfer-Gaben,

Er möchte Gott vieleicht gesegnet haben.

Verbete denn sein ganzes Sünden-Fuder!

Auf heilge deinen lieben Sohn,

Die schöne Tugend-Kron,

Den Judas und Susannen-Bruder!


Quelle:
Sidonia Hedwig Zäunemann: Poetische Rosen in Knospen, Erfurt 1738, S. 601-602.
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