2145.

[2017] Mel. Verliebter in die sündersch.


1.

Papa! deins Sohnes reich kömt spät, es solte früher kommen; doch weil das volk so willig geht, wirds auch noch angenommen: es kömt zu dienst dem lieben mann, dem dort das herz von schmerzen und todes-banne wie zerrann; es zieht mit treuem herzen.

2.

Mit herzen voll compunction aus Jesu leidens-hitze, die zakken von der dornen-cron die machten selge ritze in alle diese herzen nein; da folgte denn ein dringen, bald in der still sich sein zu freun, bald was für ihn zu singen.

3.

Und kömt zumal ein feyertag, da man so was apartes von der person vernehmen mag; es werde lind und hartes, was süsses oder bitteres uns zu gemüht geführet, so freut und rühmet man sich deß, wenns nur ihn concerniret.

4.

Die Bibel saget, Josua soll einen mann bedeuten, zu[2017] dem sich sein volk gerne nah, weil er in allen streiten der seinigen beständig siegt, und sie von aller sünde befreyet, und, daß das nicht trügt, bezeugt all sein gesinde.

5.

Und wenn man sich ein bißgen wendt, und siehet auf die engel, die du zu seinem dienst ernennt im untern kirchen-sprengel; so ists wol wahr, mein einger Mann, ja mein Mann bleibt das Lämmlein, die sehn sich aber doch auch an, als wahre Gottes-flämmlein.

6.

Man kennet sie an einem blik, der hat so was zerstochnes, so was von Jesu dornen-schrik zerrißnes und gebrochnes, bey einer sünder-majestät, die doch auch tieff gebeuget, beym strahl, der den am creuz erhöht, in einem schatten zeiget.

7.

Man kennt sie an der ähnlichkeit mit GOTT des Lammes leiden und an der hingesunkenheit ins Lämmleins sein verscheiden, an dem bis zum exceß ins Lamm und creuz verliebten wesen, das niemals mehr von ihnen kam, seit sie beym creuz gewesen.

8.

An ihrem an die menschlichkeit des Lämmleins attaschirten, und von kaum sonst was in der zeit empfindlich mehr gerührten und zärtlich hingenommnen sinn, freud in den niedrigkeiten, in die du deinen sohn gabst hin zum complement der zeiten.

9.

Je näher all's dem schwächlich seyn, der armuth und der blösse, je wen'ger apparenz und schein von eminenter grösse, je mehrs zum creatürlichen und menschlich-thun sich schikket, je mehr kan man ihr herze sehn geneigt dahin gerükket.

10.

Das kindlein bey dem vieh im stall, das knäblein bey den eltern, im haus, im garten, überall, im keller, scheur und keltern, wie ist es ihnen so gerecht zu einem Jesusbilde: es kömt bis auf den zimmer-knecht und meister in der gilde.

11.

Und wenn sie ihn im lehr-amt sehn, so blaß, so steif und müde, verhungert, durstig gehn und stehn, bald schreklich, bald timide, daß er nicht etwa nur so thut, nein, daß er es erfähret, so deuchts den zeugen gar zu gut; darin wirds Lamm geehret.

12.

Das macht ein blikken, das zugleich die falschen geister rüget, und was zur züchtigung hübsch weich in sanften[2018] frieden wieget, was elend, schwächlich und verzagt, bekümmert, sündig, blöde, gehetzt und hin und her gejagt, von aussen schlecht und schnöde;

13.

Was so ein Magdalenen-herz, der schächer zunft-gesellen, ein Petrus-herz voll reu und schmerz, ohns darauf anzustellen, mit einer mine gleich curirt, die ewige Menuche mit einem blik insinuirt, mit einem pinsel-striche.

14.

Ja, Vater! also ists bewandt mit deines Sohnes engeln; so lernen sie an ihrer hand die creuz-recruten gängeln, bis sie, wie eine heeres-spitz, durchs herz der feinde brechen, und da zugleich mit schlag und blitz die creuz-verluste rächen.

15.

Um unsers schöpfers willen hab ein aug auf unsre engel; schik ihnen so viel geist und gab mit dem brand-altar-zängel; gib denen, die zu felde ziehn, inviolable K'jummim, und den, Liturgis der Schechin' das Urim und das Tummim.

Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964, S. 2017-2019.
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