Betriebsbeamte

[751] Betriebsbeamte, in Betrieben angestellte Personen, die mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs oder eines Teils desselben beauftragt sind.

Die Rechtsverhältnisse der Betriebsbeamten sind in der neueren deutschen Gesetzgebung mehrfach zum Gegenstand besonderer Bestimmungen gemacht worden. Die Novelle zur Gewerbeordnung vom 1. Juni 1891 in Verbindung mit Art. 9 Ziff. II des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 (Reichsgesetzblatt S. 437) hat, davon ausgehend, daß die für die gewerblichen Arbeiter geltenden Bestimmungen bei der Verschiedenheit der in Betracht kommenden Verhältnisse richtigerweise nicht ohne weiteres auf die Betriebsbeamten und ähnlichen Angestellten zu übertragen sind, in Tit. VII einen Abschnitt (jetzt III b) »Verhältnisse der Betriebsbeamten, Werkmeister, Techniker« eingefügt, in dem die Frage der Kündigung, des Anstellungsverhältnisses sowie die sogenannte Konkurrenzklausel geregelt wird (§§ 133a bis 133f sowie die durch Gesetz vom 30. Juni 1900 hinzugekommenen §§ 133aa bis 133ac). Die Bestimmungen gelten nach § 133a für die »von Gewerbeunternehmern gegen feste Bezüge beschäftigten Personen, die nicht lediglich vorübergehend mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder einer Abteilung desselben beauftragt (Betriebsbeamte, Werkmeister und ähnliche Angestellte) oder mit höheren technischen Dienstleistungen betraut sind (Maschinentechniker, Bautechniker, Chemiker, Zeichner u. dergl.)«. Die Kündigung hat, wenn nicht etwas andres verabredet ist, von jedem Teile auf den Schluß des Kalendervierteljahrs zu erfolgen, die Kündigungsfrist beträgt 6 Wochen. Die Zulässigkeit abweichender Verabredungen ist durch die §§ 133aa bis 133ac wesentlich eingeschränkt. Jeder der beiden Teile kann vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsfrist die Aufhebung des Dienstverhältnisses verlangen, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Aufhebung rechtfertigender Grund vorliegt. Beispiele für »wichtige Gründe« sind in den §§ 133c und 133d enthalten. Wird der Angestellte bei anhaltender Krankheit oder längerer Abwesenheit durch unverschuldetes Unglück an der Verrichtung seiner Dienste verhindert, so bleibt der Anspruch auf die vertragsmäßigen Leistungen des Arbeitgebers für die Dauer von sechs Wochen in Kraft. Jedoch mindern sich die Ansprüche in diesem Fall um denjenigen Betrag, der dem Berechtigten aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Krankenversicherung oder Unfallversicherung zukommt (§ 133c Abs. 2). § 133e erklärt die Bestimmungen der §§ 124b und 125, welche die Folgen des Kontraktbruchs regeln (s.a. Vertragsbruch), auch auf Betriebsbeamte u.s.w. für anwendbar. – Eine Vereinbarung zwischen dem Gewerbeunternehmer und einem der in § 133a bezeichneten Angestellten, durch die der Angestellte für die Zeit nach der Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt wird, ist für den Angestellten nur insoweit verbindlich, als die Beschränkung nach Zeit, Ort und Gegenstand nicht die Grenzen überschreitet, durch die eine unbillige Erschwerung seines Fortkommens ausgeschlossen wird. Die Vereinbarung ist nichtig, wenn der Angestellte zur Zeit des Abschlusses minderjährig ist (§ 133f). – Die Wohltaten der deutschen Arbeiterversicherungsgesetzgebung kommen den Betriebsbeamten unter bestimmten Voraussetzungen zugute. Sowohl das Krankenversicherungsgesetz wie die Unfallversicherungsgesetze, wie endlich das Invalidenversicherungsgesetz finden auf die Betriebsbeamten mit gewissen Einschränkungen Anwendung (s.a. Krankenversicherung, Unfallversicherung, Invalidenversicherung).


Literatur: Bürner, Die Rechte und Pflichten der technischen Angestellten (Betriebsbeamten, Maschinentechniker, Bautechniker, Chemiker, Zeichner, Werkmeister u. dergl.) gegenüber ihren Arbeitgebern, Berlin 1904; Die Kommentare zur Reichsgewerbeordnung und zu den Arbeiterversicherungsgesetzen (namentlich auch wegen des Begriffs »Betriebsbeamter«).

Köhler.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 751.
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